Sen soll wegen Türken-Juden-Vergleich abberufen werden - und wehrt sich

Schaden für deutsch-türkisches Verhältnis?

Wegen seines umstrittenen Vergleichs von Türken und Juden steht der Direktor des Essener Zentrums für Türkeistudien (ZfT), Faruk Sen, vor der Entlassung. Wie das ZfT am Donnerstag in Essen mitteilte, hat der Vorstand beschlossen, beim Vorsitzenden des Kuratoriums die Abberufung des Direktors zu beantragen. Sen habe dem deutsch-türkischen Verhältnis "schwer geschadet", hieß es zur Begründung. Sen will sich gegen eine Entlassung notfalls gerichtlich wehren.

 (DR)

Er habe die Forderung des ZfT-Vorstands nach seiner Abberufung «mit Befremden» zur Kenntnis genommen, sagte Sen dem Berliner «Tagesspiegel». «Aber ich werde mich juristisch, politisch und in der Öffentlichkeit dagegen wehren», fügte er hinzu. Es gebe im Vorstand «offenbar Personen, die einen unbequemen Leiter loswerden wollten», sagte Sen.

Der Vorstand des Zentrums hatte am Donnerstag nach einer außerordentlichen Sitzung «anlässlich des unverantwortlichen Vergleichs von Türken und Juden durch den Direktor» mitgeteilt, dass Sen mit seinen Äußerungen auch der Integrationspolitik und vor allem dem Stiftungszweck Schaden zugefügt habe. Sen solle deshalb mit sofortiger Wirkung von der Wahrnehmung seiner Geschäfte entbunden werden, forderte der Vorstand. Sen konnte aufgrund einer kurzfristig mitgeteilten Erkrankung nicht an der Sitzung teilnehmen.

Der Vorsitzende des ZfT-Kuratoriums, Nordrhein-Westfalens Integrationsminister Armin Laschet (CDU), wollte am Donnerstag zunächst keine Stellungnahme abgeben. Unklar ist, wann eine Sitzung des Kuratoriums stattfinden soll. Das ZfT ist seit 2001 eine Landesstiftung.

Unter der Überschrift «Die neuen Juden Europas» hatte Sen in dem türkischen Blatt «Referans» am 19. Mai einen Beitrag veröffentlicht. Dabei schrieb er nach Medienangaben unter anderem, dass die Türken nach Ende des Zweiten Weltkriegs «die neuen Juden Europas» geworden seien. «Obwohl unsere Menschen, die seit 47 Jahren in Mittel- und Westeuropa beheimatet sind, 125 000 Unternehmer mit einem Gesamtumsatz von 45 Milliarden Euro hervorgebracht haben, werden sie - wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß und unterschiedlichen Erscheinungsformen - wie die Juden diskriminiert und ausgeschlossen», hieß es weiter.

Sen distanzierte sich erneut von dem Vergleich. Es sei «vollkommen klar, dass nicht nur das Schicksal der Juden in der Nazizeit und das der Türken unvergleichbar sind, sondern die gesamte 2000-jährige Geschichte der Judenverfolgung eine einmalige Qualität hat, die historische Vergleiche überhaupt verbietet», teilte Sen am Donnerstag mit. Er wolle dies in seiner nächsten Kolumne in der türkischen Zeitung «Referans» klarstellen.

Der ZfT-Direktor war bereits im vergangenen Jahr politisch unter Druck geraten. Ende 2007 hatte das Kuratorium die Führung des Zentrums jedoch offiziell gegen schwere Verschwendungsvorwürfe verteidigt. Der Landesrechnungshof hatte dem Essener Zentrum vorgeworfen, in den vergangenen zehn Jahren öffentliche Gelder verschwendet zu haben. Nach Kontrolle von zwölf Projektförderungen in Höhe von 5,6 Millionen Euro hatten die Prüfer vor allem das Spesenverhalten des Zentrums angeprangert. Das Kuratorium sah die Vorwürfe nach einer Finanzprüfung entkräftet.