Schwester Katharina erklärt die Faszination Ordensleben

"Anbeten und anpacken!"

An diesem Wochenende feiern die Olper Franziskanerinnen ihr 160-jähriges Bestehen. Schwester Katharina Hartleib OSF ist seit über 40 Jahren Mitglied und erklärt, was sie persönlich am Orden und dem Leben als Ordensfrau fasziniert.

Sr. Katharina Hartleib OSF vor dem Kölner Dom / © Mathias Peter (DR)
Sr. Katharina Hartleib OSF vor dem Kölner Dom / © Mathias Peter ( DR )

DOMRADIO.DE: Die DOMRADIO.DE-Hörerinnen und Hörer kennen Sie aus dem Morgenimpuls bei uns, den Sie seit rund 5 Jahren immer montags bis freitags gestalten. Sie sind selbst seit über 40 Jahren Olper Franziskanerin. Was fasziniert Sie denn an dieser Ausrichtung der Franziskanerinnen?

Schwester Katharina Hartleib OSF: Ich bin von Anfang an unglaublich beeindruckt gewesen, dass diese Schwestern zwei Standbeine vertreten: Anbeten und anpacken – also beides ist wichtig, das Lob Gottes und das Engagement für Menschen.

Schwester Katharina Hartleib OSF

"Anbeten und anpacken - also beides ist wichtig: das Lob Gottes und das Engagement für Menschen"

Und dieses prinzipielle Engagement für Menschen hat sich im Laufe dieser 160 Jahre nie verändert. Nur die Art und Weise hat sich geändert. Und das finde ich immer wieder beeindruckend, dass drei Frauen angefangen haben mit einem Dienst für Waisenkinder.

Deswegen hießen die Schwestern viele Jahrzehnte lang die Waisenschwestern, weil für die eigentlich nichts getan wurde. Später hat man sich auch um Kranke gekümmert, später kamen Schulen dazu, später kamen Alten- und Krankenpflege, dazu Krankenhäuser und sehr viel später kam dann das Kinderhospiz und das Jugendhospiz dazu und zum Beispiel die Obdachlosen-Seelsorge in Köln.

Also mich fasziniert, dass die Schwestern immer geschaut haben, welche Menschen sind im Moment die, die unsere Hilfe brauchen. Und das hat sich dann immer wieder neu geändert und das in unglaublich veränderten politischen Systemen. Das ist ja auch eine ganz spannende Geschichte.

DOMRADIO.DE: Wir müssen auf Ihre Gründerin schauen, auf Maria Theresia Bonzel, die in Olpe gelebt hat. Sie hat eine eigene Gemeinschaft ins Leben zu rufen – vor 160 Jahren. Da muss sie schon eine besondere Person gewesen sein, oder?

Sr. Katharina: Ja, das kann ich mir auch nicht anders vorstellen. Wenn man sich überlegt, Olpe war damals ein kleiner Ort mit etwa 2000 Einwohner. Sie muss ein sehr wildes Mädchen gewesen sein, wie sie es immer beschreibt. Und als sie sieben Jahre alt war, stirbt ihr Vater. Und das ist ein Einschnitt. Dann übernimmt der Onkel ein bisschen die Vormundschaft. Und er war sehr praktisch-fromm katholisch. Das heißt, er hat die Aline, so ihr Spitzname, immer mitgenommen in alle Gottesdienste, wo er hingegangen ist.

Er hat sie aber auch mitgenommen, wenn er diskret Armen Geld gebracht oder die Rechnungen bezahlt hat. Das hat sie schon als Kind erlebt.

Die Mutter wollte, dass ihre Tochter eine "gute Partie" wird. Für Mädchen vor Ort gab es nur die Grundschule. Also hat sie ihre Tochter nach Köln zu den Ursulinen geschickt, um dort sozusagen die Bildung zu kriegen, die man braucht, um eine "gute Partie" zu sein. Und dort hat sie Ordensleben kennengelernt.

Dann hat sie gesagt: Das ist was für mich. Und dann hat die Mutter gesagt: Kommt nicht in Frage, du bist quasi meine Altersvorsorge und du musst bleiben. Aber irgendwann hat sie sich doch durchgesetzt und hat dann in diesem kleinen "Nest" Olpe mit dem Engagement für Waisenkinder zusammen mit zwei anderen Frauen angefangen.

Modernes Portrait der Ordensgründerin Mutter Maria Theresia Bonzel OSF an ihrer Grablege in der St.-Martinus-Pfarrkirche in Olpe  (DR)
Modernes Portrait der Ordensgründerin Mutter Maria Theresia Bonzel OSF an ihrer Grablege in der St.-Martinus-Pfarrkirche in Olpe / ( DR )

Dort gab es aber noch kein Kloster. Daher hat die Mutter ihnen eine Wohnung gemietet und nach ein paar Wochen kam der Bürgermeister mit den ersten vier Kindern und hat gesagt: So, ihr wollt euch um Waisenkinder kümmern, hier habt ihr welche. Und dann ging das los und dann kamen immer mehr junge Frauen dazu, die gesagt haben: Genau das wollen wir auch machen. Und es kamen immer mehr Waisenkinder dazu. Dafür wurde das erste Haus gemietet.

Dann kam aber schon der Kulturkampf und hat dieses ganze aufstrebende junge Ordensgemeinschaftsleben vollkommen unterbrochen. Und viele Ordensgemeinschaften sind dann in die Nachbarländer ausgewichen. Und sie hat in der Zeit einen Brief bekommen von einem Bischof in den USA, in Lafayette, in Indiana. Er brauchte für seine halb deutsche, halb englische Stadt eine deutsche Ordensschwester.

Schwester Katharina Hartleib OSF

"Diese Frau muss eine unglaubliche Power gehabt haben, dass sie ihren Schwestern genau diese Power auch mitgegeben hat."

Und dann hat sie gesagt: Das ist die Lösung. Und sie hat die ersten Schwestern in die USA geschickt. Und mit dieser ganzen Problematik ging es ja immer weiter. Dann kam der deutsch-französische Krieg, dann hörte der Kulturkampf auf, dann traten Hunderte von jungen Frauen ein und dann gab es die Industrialisierung mit all den Problemen und so weiter.

Also, diese Frau muss eine unglaubliche Power gehabt haben, dass sie ihren Schwestern genau diese Power auch mitgegeben hat. Bei allem, was die Schwestern, die sie erlebt haben, so erzählt haben, ist, dass sie eine unglaublich liebevolle, fromme und tatkräftige Frau war. Und das finde ich super.

DOMRADIO.DE: Jetzt feiern Sie 160 Jahre des Bestehens Ihres Ordens. Und leider ist es ja so wie bei allen Ordensgemeinschaften: Es fehlt an Nachwuchs. Sie haben eben schon gesagt, dass Ihr Orden nach wie vor sehr aktiv ist. Aber es hat sich vieles verändert. Wie hält denn Ihr Orden trotz Mitgliedermangels dieses "Anpacken" noch aufrecht?

Sr. Katharina: Schon 1902 hat Mutter Theresia, glaube ich, als erste Frau in Deutschland, die Möglichkeit genutzt, eine GmbH zu gründen. Sie hat also alle ihre Werke, in denen der Orden aktiv war, da hineingegeben.

Die Ordensgründerin Mutter Maria Theresia Bonzel OSF fand in der St.-Martinus-Pfarrkirche in Olpe ihre letzte Ruhe. (DR)
Die Ordensgründerin Mutter Maria Theresia Bonzel OSF fand in der St.-Martinus-Pfarrkirche in Olpe ihre letzte Ruhe. / ( DR )

Das haben wir 1995 noch mal mit einer Namensänderung "Die gemeinnützige Gesellschaft der Franziskanerinnen zu Olpe" getan. Das heißt, wir haben mittlerweile mehr als 50 Einrichtungen mit mehr als 15.000 Mitarbeitenden.

Schwester Katharina Hartleib OSF

"Es ist also nicht mehr dieses karitativ aktive Arbeiten, sondern eher das Begleiten von Menschen in ihrer Problematik der heutigen Zeit"

Und jetzt ist unsere Aufgabe, denen, die in unserem Namen, in unserem Auftrag alles das tun, fit zu machen, also beruflich fit zu machen in ihrer geistlichen und geistigen Dimension. Und ich glaube, was noch mal unsere wichtigste Aufgabe zurzeit ist, ist Seelsorge. Also für die Mitarbeitenden, in den Konventen, in den Städten, wo noch Schwestern sind.

Es ist also nicht mehr dieses karitativ-aktive Arbeiten, sondern eher das Begleiten von Menschen in ihrer Problematik der heutigen Zeit und auch der heutigen Kirche.

DOMRADIO.DE: Und wie werden Sie nun das Jubiläum am Sonntag feiern?

Sr. Katharina: Beim Jubiläum zum 150-jährigen Bestehen haben wir ein großes Klosterfest gefeiert, mit Gottesdienst, mit Kinderspielen und mit Bühnenprogramm und so weiter. Jetzt ist ja 160 Jahre kein so ganz besonderes Jubiläum, das wollten wir nicht mehr ganz so groß feiern.

 © Franziskanerinnen von der ewigen Anbetung zu Olpe
© Franziskanerinnen von der ewigen Anbetung zu Olpe

Uns haben aber immer wieder Leute gesagt: Machen Sie doch mal einen schönen Open Air-Gottesdienst. Und das haben wir jetzt aufgegriffen. Wir feiern also einen Open Air-Gottesdienst und machen anschließend einfach das, was der Sauerländer mag: eine Grillparty mit ein paar kühlen Getränken und ein bisschen Platzkonzert und dann wird die Feier so im Laufe des Nachmittags zu Ende gehen.

Aber ich glaube, das wird wirklich schön.

DOMRADIO.DE: Das hoffen wir, dass es eine schöne Party für Sie wird! Was lässt Sie denn trotz des Nachwuchsmangels positiv für Ihren Orden in die Zukunft blicken?

Sr. Katharina: Wir haben vor zehn Jahren in einem Wettbewerb junge Mädels und Frauen gebeten, mal zu schauen: Wie sind denn die Schwestern da hingekommen, wo sie jetzt überall sind? Also, nach Brasilien, auf die Philippinen, nach Amerika und auch in Deutschland.

Schwester Katharina Hartleib OSF

"Solange es Arme gibt, wird es die Schwestern geben, die sich um die Armen kümmern."

Und wir haben die Frage gestellt: Haben die denn eine Zukunft? Und eine der interessantesten Aussagen aller fünf Gruppen war: Immer wird es Arme geben und solange es Arme gibt, wird es die Ordensschwestern geben, die sich um die Armen kümmern.

Und ich muss gestehen, dass mir damals bei dieser Aussage die Tränen gekommen sind. Und heute geht es mir wieder so, weil solange es Menschen gibt, die unsere Hilfe brauchen, wird es Menschen geben, die großherzig genug sind zu sagen: Ich mache bei euch mit und ich will vor Gott und für die Menschen da sein.

Das Interview führte Mathias Peter.

Olper Franziskanerinnen

Wie viele andere Ordensgemeinschaften der Franziskanischen Familie orientieren sich auch die Olper Franziskanerinnen am Leben und Werk des Franz von Assisi.

Darüber hinaus sind die Grundsätze und das Lebensvorbild der Gründerin Mutter Maria Theresia Bonzel große Inspiration und Motivation für die spirituelle aber auch für die soziale und seelsorgliche Arbeit.

In Olpe, im Mutterhaus, ist der offizielle Sitz des Generalates und damit der Generaloberin Sr. Magdalena Krol.

 © Franziskanerinnen von der ewigen Anbetung zu Olpe
© Franziskanerinnen von der ewigen Anbetung zu Olpe
Quelle:
DR