In Schwerin liegt das größte katholische Kloster im Nordosten

Die Nonnen im Plattenbauviertel

Leicht zu erkennen gibt sich das größte katholische Kloster Mecklenburg-Vorpommerns nicht: Lediglich ein kleines Schild an der Toreinfahrt mit der Aufschrift "Kloster Maria Frieden" weist darauf hin, dass in dem Backsteinbau im Schweriner Plattenbauviertel Großer Dreesch acht Nonnen leben. Einer Insel gleich halten die Missionsschwestern Mariens seit nunmehr 70 Jahren auch im evangelisch geprägten Nordosten an ihren katholischen Traditionen fest.

Autor/in:
Katharina Wiechers
 (DR)

Viermal am Tag wird gemeinsam gebetet, dazwischen gibt es genaue Meditations- und Arbeitszeiten. "Das verleiht dem Tag einen Rhythmus", sagt Schwester Katharina. Seit 1983 lebt sie zusammen mit den anderen Ordensfrauen auf dem Dreesch.

Wie Glaubensgemeinschaften in ganz Deutschland hat auch die katholische Gemeinde in Schwerin mit sinkenden Mitgliederzahlen zu kämpfen. In die Kirche Sankt Andreas neben dem Kloster kommen sonntags noch etwa 120 Gläubige zur Heiligen Messe, sagte Schwester Katharina. "Allerdings ist die Hälfte der Besucher weit über 60". Früher habe es im einst größten norddeutschen DDR-Neubauviertel zahlreiche Familien gegeben, sagt sie. Heute sehe man kaum noch Kinder auf der Straße. Die Zahlen sprechen für sich: Lebten laut Einwohnermeldeamt 1993 noch gut 14 000 Menschen auf dem Dreesch, sind es heute nur noch rund 8000.

Mit 54 Jahren die Jüngste
Ihre Hauptaufgabe sei mittlerweile dementsprechend das Altenpastoral, sagt die Ordensschwester. Fast täglich besuche sie alte Menschen im Viertel, die selbst nicht mehr in die Kirche kommen können, und feiert mit ihnen einen Gottesdienst zuhause. Doch nicht nur die katholische Gemeinde in Schwerin ist in den vergangenen Jahren geschrumpft und gealtert, auch die Nonnen selbst haben Nachwuchssorgen. "Als ich 1973 in den Orden eingetreten bin, gab es in Mecklenburg noch fast 100 Missionsschwestern Mariens, heute sind es nur noch 34", erzählt Schwester Katharina. Sie ist mit ihren 54 Jahren die Jüngste unter ihnen.

Ein Grund dafür, dass immer weniger junge Frauen ins Kloster gingen, sei unter anderem ein falsches Bild vom heutigen Klosterleben, vermutet Schwester Katharina. Auch wenn die drei Gelübde des Ordens, nämlich Gehorsam, Armut und Jungfräulichkeit auch in Kloster Maria Frieden eingehalten würden, seien mittlerweile viele Regeln gelockert worden. Früher zum Beispiel sei ein Heimaturlaub verboten gewesen. "Die jungen Frauen wussten also, wenn sie in den Orden eintreten, kommen sie nie wieder nach Hause", sagt sie. Heute sei das selbstverständlich, sie selbst besuche manchmal ihren Bruder in ihrer Heimatstadt Rostock.

Auch die Ordenstracht sei heute alltagstauglicher, sagt Schwester Katharina und fasst an den Saum ihres hellgrauen Gewandes. "Das kann jetzt auch in die Waschmaschine". Der breite Ledergürtel mit dem herunterhängenden Rosenkranz sei ebenfalls nicht mehr Pflicht und unter dem Schleier, der früher restlos alle Haare und teilweise auch die Ohren verdecken musste, lugt nun der schwarze Haaransatz der Nonne hervor.

"Eine Fürbitte ist natürlich kein Zaubermittel"
Nach einem Tag voller Arbeit und Gebet steht den Schwestern die Zeit nach dem Abendessen zur freien Verfügung, außer mittwochs und sonntags. "Da gibt es die sogenannte gemeinsame Erholung", sagt die Schwester. Dann machen sie das, was sie in der Freizeit am liebsten tun: "Canasta spielen", sagt sie und grinst. In Gruppen zu zwei oder drei Nonnen spielen sie dann einige Partien, zum Abendgebet um 21.00 Uhr muss allerdings Schluss sein. "Danach gilt Stillschweigen", sagt Schwester Katharina. "Auch wenn wir uns dann noch auf dem Gang begegnen, sprechen wir nicht mehr miteinander".

Wenn es um die Zukunft des Ordens geht, wirkt Schwester Katharina ein wenig ratlos. Durch Medien wie das Internet versucht sie, mit der modernen Welt mitzuhalten. "Ich betreue die Homepage", sagt sie. Unter katholische-kirche-schwerin.de kann man seit drei Jahren Anliegen an die Schwestern herantragen, die diese dann in ihr Stundengebet mit aufnehmen. "Eine Fürbitte ist natürlich kein Zaubermittel", räumt die Nonne ein. "Oft hilft aber auch schon das Bewusstsein, dass noch andere - in dem Fall wir - die Not mittragen", sagt sie. Denn dafür seien sie und die anderen Schwestern ins Kloster gegangen, um für andere da zu sein.