Schwarz hat viele widersprüchliche Bedeutungen

Geschichte einer Farbe

Schwarz ist die Farbe der Trauer, passend zum Volkstrauertag an diesem Sonntag. Doch auch Priester, Architekten, Designer und Kreative hüllen sich gern in dunkle Stoffe. Denn Schwarz steht auch für Demut, Zurückhaltung, Nüchternheit und Würde.

Autor/in:
Christoph Arens
Schwarz: Auch die Farbe von Pfarrer(n)/innen und Priestern / © Peter Endig (dpa)
Schwarz: Auch die Farbe von Pfarrer(n)/innen und Priestern / © Peter Endig ( dpa )

Schwarzer Peter, schwarzes Schaf: Diese Farbe weckt viele negative Assoziationen. Pessimisten sehen schwarz, der Teufel gilt als Fürst der Finsternis, Trauernde tragen Schwarz und das Schwarzfahren und die Schwarzarbeit sind illegal.

Bedeutung immer wieder gewandelt

Doch die Geschichte der Farbe Schwarz ist viel widersprüchlicher, als es auf den ersten Blick scheint. Das jedenfalls belegt der französische Mittelalter-Historiker Michel Pastoureau in seinem gerade auf Deutsch erschienenen Buch "Schwarz. Geschichte einer Farbe." Der an der Pariser Sorbonne lehrende Experte für Farben und Symbole, der auch schon Werke über die Farben Blau und Rot veröffentlicht hat, lädt zu einer Zeitreise durch drei Jahrtausende ein und zeigt, dass sich die Bedeutung des Schwarz immer wieder gewandelt hat.

Stand Schwarz im alten Ägypten als Farbe des Nilschlamms für die Fruchtbarkeit und das Leben, war die Farbe für das Alte Testament Symbol des Bösen und des Todes. Schließlich war die Erde am Anfang "wüst und leer, und Finsternis lag auf der Tiefe". War der Rabe bei den Germanen ein allwissendes Wesen, das das Schicksal der Menschen kennt, verfluchte Noah den schwarzen Vogel, weil er den Rückgang der Flut zwar beobachtet hatte, aber nicht zur Arche zurückkehrte. Erst die weiße Taube brachte dann den Olivenzweig als Beweis für das sinkende Wasser.

Farbe des Todes und der Leere

Physikalisch gesehen ist Schwarz die Farbe eines Körpers, der alles Licht schluckt. Isaac Newton, der im 16. Jahrhundert das Licht in Spektralfarben zerlegte, sprach dem Schwarz deshalb sogar die Qualität als Farbe ab. Gerade im November ist Schwarz präsent: als Farbe des Todes und der Leere. Die Abwesenheit aller Farbe und allen Lichts verweist auf die Abwesenheit des toten Menschen und die Trauer, die alle Farbigkeit des Lebens schluckt. Spätestens seit den großen Pestepidemien ist Schwarz im europäischen Kulturkreis mit dem Tod verbunden: Bei Erkrankten zeigten sich häufig Verfärbungen - die Pest wurde zum "Schwarzen Tod".

Doch Schwarz hat auch andere Seiten: Positiv gilt es als Symbol für Tiefgründigkeit, Nüchternheit und Entschiedenheit. Was "schwarz auf weiß" geschrieben stand, hatte seit der Erfindung des Buchdrucks Gewicht. Auch verleiht Schwarz Würde und Autorität; es kann Unnahbarkeit, aber auch Demut und Tugendhaftigkeit signalisieren.

Priester und Pfarrer tragen schwarz

Schon seit dem Mittelalter trugen Gelehrte lange schwarze Mäntel. Auch heute kleiden sich Philosophen, Maler und Musiker entsprechend, um eine Aura der Kreativität und Intellektualität zu verbreiten. Nicht zu vergessen viele Ordensleute sowie evangelische und katholische Pfarrer und Priester. Auch Fußballschiedsrichter kleideten sich lange ausschließlich schwarz.

Bis ins 16. Jahrhundert war ein Wasser und Sonne trotzender dauerhafter schwarzer Farbton nur sehr schwer herzustellen. Ruß, Holzkohle oder verbrannte Weinreben dienten als Rohstoff; nur mit extrem teuren Galläpfeln waren schöne und gleichmäßige Farbtöne zu erzielen. Schwarze Kleidung war deshalb "exorbitant teuer", wie der niederländische Autor Geert Mak in seinem gerade erschienenen Buch "Die vielen Leben des Jan Six" schreibt. Nur Reiche konnten sich das leisten und sich somit von der grauen Masse der einfachen Leute abheben.

Smoking und das "kleine Schwarze"

Rang, Stand, Alter: All das ließ sich an den Farben ablesen, schreibt Pastoureau. Schon im Mittelalter stritten sich Mönche und Kirchenfürsten, ob bunte Farben Ausdruck des Göttlichen seien oder eitler Tand, der den Menschen von Gott ablenkte. Martin Luther predigte im Schwarz des Gelehrten und distanzierte sich von den farbigen liturgischen Gewändern der Katholiken. Auch die spanischen Könige und das Bürgertum des 16. Jahrhunderts ließen sich im strengen Schwarz porträtieren.

Schwarz steht auch für Sachlichkeit und Funktionalität. Damit wurde es zur idealen Farbe für Hightech-Geräte wie Musikanlagen, Kameras und Computer. Schwarz ist zugleich schick. Der Smoking ist schwarz. Das "kleine Schwarze", 1930 von Coco Chanel kreiert, bietet noch heute Eleganz ohne Risiko. Und auch bei den Autofarben liegt Schwarz weit vorn. In Deutschland liefen 2015 laut Kraftfahrtbundesamt 28,7 Prozent aller Neuwagen in Silber oder Grau vom Band, 27,3 Prozent in Schwarz.


Quelle:
KNA