"Schwangeren-Notruf" will jungen Frauen rechtzeitig zur Seite stehen

"Jeder Anruf ist ein Hilferuf"

Für manche junge Frauen bricht mit der Entdeckung einer ungeplanten Schwangerschaft eine Welt zusammen. "Wer nicht in einer festen Partnerschaft oder gesicherten finanziellen Verhältnissen lebt, fühlt sich mit der neuen Situation schnell überfordert", erklärt der Leiter des Adoptions- und Pflegkinderdienstes der Diakonie in Düsseldorf, Jochen Schwab. Das vor wenigen Wochen eingerichtete Projekt "Schwangeren-Notruf" in Düsseldorf will deshalb für hilfesuchende junge Frauen rund um die Uhr da sein.

 (DR)

Bereits in den ersten vier Wochen seit der Gründung hat es über 20 Anrufe von Mädchen und Frauen gegeben, berichtet Diakonie-Mitarbeiterin Hedwig Claes. «Jeder einzelne eingehende Notruf ist auch ein Hilferuf und ein Hinweis darauf, dass da ein Mensch ist, der es alleine möglicherweise mit der Schwangerschaft nicht schafft», so eine weitere Mitarbeiterin. Seit dem Start wirbt das neue Angebot mit Plakaten und Postkarten in der ganzen Stadt:
Neben der Frage «Weißt Du wohin?» ist ein praller Babybauch einer werdenden Mutter zu sehen.

Jedes Jahr werden in Deutschland nach Angaben der Beratungsstellen zwischen 30 und 40 Neugeborene ausgesetzt, die meisten von ihnen sterben. Die Anlaufstelle in Düsseldorf will rechtzeitig Hilfe bieten, bevor Überforderung zu einer Katastrophe führen kann.

Angeboten wird die Beratungsstelle in Zusammenarbeit mit der Telefonseelsorge, der Schwangeren-Konfliktberatung und dem Jugendamt. Ähnliche Projekte gibt es auch in anderen Städten an Rhein und Ruhr, etwa in Krefeld, Viersen und Bonn.

In Viersen etwa war ein Findelkind, das von seiner Mutter im November 2005 kurz nach der Geburt vor einem Krankenhaus abgelegt worden war, der Anstoß zur Gründung eines Nottelefons für Schwangere. Der dortige Arbeitskreis «Mutter-Kind-Gesundheit» konnte im September vergangenen Jahres den Startschuss für das Projekt geben, in dem Ärzte, Hebammen, Krankenschwestern und Berater betroffenen Frauen anonyme Hilfe anbieten.

In Krefeld startete der «Notruf für Schwangere» im August 2007. Er richtet sich an junge Frauen in schwierigen oder ausweglos erscheinenden Situationen. Er ist sowohl über Telefon als auch über die Mailadresse «sos@schwangerennotruf-krefeld» schnell und unbürokratisch erreichbar. «Wenn ein Notfall eintritt, müssen wir den tatsächlichen Hilfsbedarf sicher abschätzen und mögliche Gefährdungsmomente beurteilen», fasst Peter Wessel von der Telefonseelsorge die Aufgabe zusammen.

Für den Schwangeren-Notruf in Krefeld hat der Stadtrat die Finanzmittel zunächst bis zur Jahresmitte 2008 bewilligt, wie der Leiter der Evangelischen Beratungsstelle Krefeld und Kreis Viersen, Jan Wolf, erläutert. Ob das Projekt dann weiter geführt wird, hängt von den Ergebnissen und der Analyse ab, so Marita Taitz, die Leiterin von donum vitae.

Mitarbeiterinnen des Schwangeren-Notrufs am Niederrhein haben bereits miterlebt, dass manchmal Angst und Überforderung so überwältigend sind, dass die Schwangerschaft nicht nur vor anderen, sondern sogar vor sich selbst verheimlicht wird.

Es gelte, «vor allem solche dramatischen Zuspitzungen zu verhindern», betont Wilma Quack, die Geschäftsführerin des Sozialdienstes katholischer Frauen in Viersen. Deshalb hält sie ein sehr niederschwelliges Angebot für notwendig. «Eines für junge Frauen, die sich sonst in keine Beratung trauen, die nicht zum Arzt gehen, nicht wissen, wie es weitergehen soll und die sich niemandem anvertrauen können.» Projekte wie die in Viersen und Krefeld waren auch Vorbild für den 24-Stunden-Service des Schwangeren-Notrufs der Diakonie in Düsseldorf.

«Viele Frauen wünschen sich eine solche schnelle, anonyme Hilfe nicht zuletzt aus Angst vor der Reaktion ihres Umfelds», sagt Hedwig Claes, die den Notruf in Düsseldorf betreut. Dank einer Kooperation mit dem Evangelischen Krankenhaus in der NRW-Landeshauptstadt ist sogar eine anonyme Entbindung möglich. Claes betont, dass die Frauen allein entscheiden können, ob sie das Kind bekommen wollen: «Sie sollen aber wissen, dass sie nicht allein gelassen sind».