Schulministerium weist Angriffe von Eltern und Schulleitern zurück - Uneinigkeit über Anmeldezahlen

Neuer Streit um die NRW-Gesamtschule

Die NRW-Landesregierung hat Kritik von Eltern und Schulleitern an ihrer Gesamtschulpolitik zurückgewiesen. Die Anmeldezahlen an den Gesamtschulen seien rückläufig, teilte das Schulministerium am Freitag in Düsseldorf mit. Dies sei eine Folge des demografischen Wandels. Auch die Zahl der Kinder, die an den Gesamtschulen nicht aufgenommen werden können, sinke um rund 800 - das entspreche einem Rückgang um rund fünf Prozent. "Der bestehende Anmeldeüberhang an den Gesamtschulen ist zudem kein neues Phänomen", hieß es.

 (DR)

Bei den Anmeldezahlen für das Schuljahr 2009/2010 erhöhte sich der Zulauf zur Gesamtschule im Vergleich zu den anderen Schulformen noch einmal, sagte hingegen die Vorsitzende des Landeselternrats der Gesamtschulen, Anette Plümpe. Obwohl knapp 25 Prozent der Schüler von der Grund- an die Gesamtschule wechseln wollten, bleibe 14 630 von 43 738 angemeldeten Kindern der Weg in die Gesamtschule aber versperrt. Gegenüber dem Vorjahr sei die Anmeldequote für die Schulform von 24,3 auf 24,7 Prozent gestiegen.

In den Kreisen Kleve, Neuss, Viersen, Wesel, Rhein-Sieg, Siegen, Soest und Warendorf seien mehr Kinder abgelehnt als zur Gesamtschule zugelassen worden. Es gebe einfach zu wenige Gesamtschulen in Nordrhein-Westfalen, sagte Dagmar Naegele von der Schulleitungsvereinigung der Gesamtschulen. Die schwarz-gelbe Landesregierung behindere vielerorts aus politischen Gründen Elterninitiativen zur Gründung neuer Gesamtschulen.

Mit ihrem flexiblen Ganztagsangebot und dem Verzicht auf die verkürzte Abiturzeit seien die Gesamtschulen für viele Eltern und Schüler eine attraktive Alternative zum mehrgliedrigen Schulsystem und zum herkömmlichen Gymnasium, hieß es.

Schulministerin Barbara Sommer (CDU) wies den Vorwurf zurück, die Regierung betreibe eine Politik gegen die Gesamtschulen. «Die Gesamtschulen sind ein fester Bestandteil des gegliederten Schulsystems», betonte sie. Die Vorwürfe der Gesamtschulverbände seien unsinnig. «Anträge auf die Genehmigung von Gesamtschulen werden von uns wie bei jeder anderen Schulform auch nach Recht und Gesetz geprüft. Wenn die Kriterien erfüllt sind, werden auch neue Gesamtschulen genehmigt», sagte Sommer.

Der Verband Bildung und Erziehung forderte politische Konsequenzen. «Die Landesregierung ist aufgefordert, das umzusetzen, was sie immer predigt, nämlich den Elternwillen ernst zu nehmen», sagte VBE-Landeschef Udo Beckmann. Das bedeute «eine Anpassung des Angebots an Gesamtschulplätzen an die steigende Nachfrage».

Auch die SPD-Bildungsexpertin Ute Schäfer forderte ein Ende der «Knebelpolitik» des Landes. Sie begrüßte zugleich ein Urteil des Verwaltungsgerichts Köln, das für die Gründung einer vierten Gesamtschule in Bonn nun grünes Licht gegeben habe. Die Restriktionen zur Gründung von Gesamtschulen müssten landesweit aufgehoben werden, forderte die SPD-Abgeordnete.

Es seien tatsächlich sogar nur sechs Städten in Nordrhein-Westfalen, die derzeit Anträge auf eine Neugründung einer Gesamtschule laufen hätten, sagte der CDU-Schulpolitiker Klaus Kaiser. «Das ist wahrhaftig keine Massenbewegung», fügte er hinzu.