Schütz' Musikalische Exequien in der Vorstellung

Selig sind die Toten

Von der Kunst des Sterbens zeugen die Musikalischen Exequien von Heinrich Schütz im 17. Jahrhundert. Den Text für die Beerdigungsmusik stellte Heinrich Posthumus Reuss persönlich zusammen, zugleich ließ er die Zitate auf seinen Sarkophag schreiben.

memento mori / Andrea Previtali / © web gallery of art (DR)
memento mori / Andrea Previtali / © web gallery of art ( DR )

Außerdem legte der Graf auch den Ablauf seiner eigenen Beerdigung fest - ein nahezu einmaliges Beispiel für die Sterbekultur im Barock-Zeitalter.

Heinrich Schütz leitete über Jahrzehnte die Dresdner Hofkapelle und revolutionierte im 17. Jahrhundert die deutsche Musik. Passend zum Trauermonat November geht es in Cantica um die Musikalischen Exequien, die er als Beerdigungsmusik für den Grafen Heinrich von Reuss 1635 komponierte.

Der gebürtige Köstritzer hatte durch seine Studienreisen nach Venedig die fortschrittliche Musik in Italien kennengelernt und integrierte den neuen Stil in die deutsche Musiktradition. Diese Symbiose aus farbiger Musik und Sprache findet sich auch in der Begräbnismusik.

Heinrich Schütz war schon ein berühmter Komponist als er 1635 die musikalischen Exequien komponierte. Das Besondere: sie waren komplett auf Deutsch und vertonten die Bibelstellen, die der Fürst noch zu Lebzeiten persönlich für seine Beerdigung ausgesucht hatte. Diese Zitate ließ der Landesgraf auch auf seinen Sarkophag schreiben – ein nahezu einmaliger Vorgang, der bis heute sehr ungewöhnlich ist. Durch den besonderen Sarg und die eigens komponierte Musik von Schütz gab es bei der Beerdigung sowohl ein literarisches als auch ein musikalisches Glaubensbekenntnis.

Die Exequien bestehen aus drei Teilen und sind für insgesamt 6 Gesangsstimmen komponiert, wobei Schütz zwischen „Capella“ für Chor und „Soli“, Einzelsänger unterscheidet.

Wie ein roter Faden zieht sich der Gedanke durch das Werk, dass die Menschen auf die Rettung durch Gott hoffen können, dass der Tod überwunden wird. Durch den Kreuzestod von Jesus Christus werden die Sünden der Menschen getilgt und die Menschen gerettet. Immer wieder entwirft Schütz im esten Teil kleine Duette, die die unterschiedlichen geistlichen Texte in Musik fassen. Dabei macht er sich die sprechende Musik des italienischen Frühbarocks zu Eigen. Alter wird mit tiefen Stimmen ausgedrückt, auch die Müh' und Pein des Lebens stellt er durch schleppende Musik mit vielen Pausen dar.

In nahezu allen Werken von Heinrich Schütz finden sich diese direkten Übertragungen des Textes in die Musik. Die musikalischen Exequien bestehen aus drei Teilen, wobei der erste der längste ist. Concert  in Form einer teutschen Begräbnis-Messe, so ist er überschrieben. Der zweite Teil ist eine Motette für Doppelchor. Auch hier wird erneut das Zutrauen auf Gott thematisiert. Das Zusammenmusizieren von zwei Chören mit Echoeffekten ist typisch für Heinrich Schütz.

Der dritte und letzte Teil ist ähnlich knapp gehalten, überrascht aber mit einem besonderen Klangeffekt. Schütz vertont den Lobgesang des greisen Simeon aus dem Neuen Testament, ergänzt ihn aber durch den Text Selig sind die Toten. Dieser Teil wird allerdings von einem so genannten Favoritchor gesungen, der durch den Einsatz von hohen Stimmen auf die Engel und den Himmel verweist, wie Schütz im Vorwort schreibt.

Auch im Ablauf der Trauerfeier kam dem dritten Teil eine besondere Rolle zu. Nicht nur die Textstellen für seine Beerdigungsmusik hatte Heinrich von Reuss vor seinem Tod festgelegt, sondern auch wie die Beerdigung abzulaufen habe, hatte er genau verfügt. Während der dritte Teil erklang, wurde der Sarg mit dem Verstorbenen in der Familiengruft  bestattet. Die sprechende Musik und das besondere Zeremoniell der Beerdigung lassen die musikalischen Exequien bis heute zu einem ganz besonderen Zeugnis für evangelische Beerdigungsmusik und der Ars moriendi - der Kunst des Sterbens -  im 17. Jahrhundert werden.

(Erstsendedatum 08.11.2015, Wiederholung 01.11.2016)