Schüler bekommen Auszeichnung für Einsatz für Kairos Müllstadt-Kinder

"Wir machen es aus Liebe"

Schülerinnen der Deutschen Mädchenschule des Ordens der Borromäerinnen in Kairo fördern Kinder von Kairos "Müllstadt" Mokattam. Dafür haben sie einen Preis erhalten. Die 19-jährige Ägypterin Hadiya Ahmed nahm die Auszeichnung entgegen.

LKWs mit Müllsäcken und einer Straße zwischen Wohnhäusern in einem Armenviertel in Kairo / © Manuel Meyer (KNA)
LKWs mit Müllsäcken und einer Straße zwischen Wohnhäusern in einem Armenviertel in Kairo / © Manuel Meyer ( KNA )

DOMRADIO.DE: Sie haben das Projekt mit Ihrer Schule vor rund zwei Jahren mit auf die Beine gestellt. Zur Erklärung, der Orden der Borromäerinnen unterhält eine private Schule in Kairo, da lernen gut 700 Mädchen Deutsch. Sie sind Ägypterin und haben dort letztes Jahr Abitur gemacht. Mokattam ist ein Viertel Kairos, welches die "Müllstadt" genannt wird. Was machen Sie in Ihrer "Mokattam-AG"? 

Die Auslandsschulen wurden im Rahmen der AHK-Weltkonferenz ausgezeichnet. / © Nils Hasenau (DIHK)
Die Auslandsschulen wurden im Rahmen der AHK-Weltkonferenz ausgezeichnet. / © Nils Hasenau ( DIHK )

Hadiya Ahmed (Ehemalige Schülerin der Deutschen Mädchenschule des Ordens der Borromäerinnen in Kairo): Wir versammeln die Kinder um uns, um mit ihnen Unterricht zu machen. Es hat mit Englischunterricht angefangen. Aber wir haben gesehen, dass diesen Kindern noch viel mehr fehlt: Basiswissen, Mathe, Sachkunde, alles über die Welt um uns herum. Deswegen hat sich das weiterentwickelt, sodass wir nun verschiedene Unterrichtsfächer anbieten und Ausflüge machen, Sportliches und Schulisches anbieten, damit wir diesen Kindern und der nächsten Generation eine soziale Entwicklung ermöglichen. 

DOMRADIO.DE: Das Projekt gibt es seit zwei Jahren und Sie sind von Anfang an dabei. Eigentlich war das die Idee der Frau des deutschen Botschafters. Wie kam sie auf euch zu? 

Ahmed: Die Frau des damaligen deutschen Botschafters ist im Rahmen eines kleinen Projekts nach Mokattam gegangen. Sie hat die Kinder dort gesehen und direkt bemerkt, wie viel diesen Kindern fehlt und was sie alles brauchen. 

Sie hat unsere Schule kontaktiert, um Unterstützung bei der Kommunikation mit den Kindern zu bekommen, weil die Kinder kein Englisch verstehen und sie nicht auf Arabisch kommunizieren konnte. Ich glaube, wir haben mit fünf Schülerinnen angefangen und dann wurde das immer weiter ausgedehnt. Als der deutsche Botschafter zurück nach Berlin ging, haben wir das an der Schule als AG etabliert. 

DOMRADIO.DE: Eigentlich haben Sie als Dolmetscherinnen angefangen und jetzt sind Sie sowas wie Lehrerinnen, 42 Ihrer Mitschülerinnen machen mit. Wo unterrichten Sie diese Kinder?

Ahmed: Es gibt einen kleinen Platz, wo es so eine Art Kindergarten für Babys gibt. Dort befinden sich so etwas wie "Klassenräume". Sie sind nicht groß, aber da versammeln wir die Kinder und haben einen Ort, um Unterricht zu machen. So müssen wir das nicht mehr auf der Straße tun. 

DOMRADIO.DE: Wie muss man sich das Leben dieser Kinder in Mokattam vorstellen? 

Hadiya Ahmed

"Es ist schwierig, sie haben viele Probleme, viele familiäre Probleme, viele Schwierigkeiten im Leben. Es ist ein hartes Leben."

Ahmed: Es ist schwierig. Die Kinder leben im Müll. Die Eltern arbeiten dort, auch manche Kinder arbeiten dort schon. Nur wenige gehen zur Schule. Aber selbst die Kinder, die zu einer Schule gehen, besuchen keine gute Schule, wo sie eine gute Bildung erhalten. Es ist schwierig, sie haben viele Probleme, viele familiäre Probleme, viele Schwierigkeiten im Leben. Es ist ein hartes Leben. 

DOMRADIO.DE: Sie machen nicht nur Unterricht mit den Kindern, Sie holen sie auch ab und machen Ausflüge. Was sind das für Erlebnisse? 

Die Müllsammler von Kairo / ©  Valentin Schmid (epd)
Die Müllsammler von Kairo / © Valentin Schmid ( epd )

Ahmed: Wir haben im Unterricht gemerkt, dass die Kinder außerhalb der Müllstadt nicht viel kennen. Sie wissen nicht, was da draußen ist. Deshalb dachten wir, dass wir sie mal mit zu den Pyramiden nehmen, weil sie die noch nie gesehen haben. Eigentlich war das die Idee der Frau des deutschen Botschafters.

Wir haben gesagt, die Kinder, die eine Präsentation auf Englisch halten können, kommen mit. Viele haben daraufhin geübt und viel gearbeitet und einige haben das dann wirklich geschafft und kamen mit uns. 

Dann sind wir nochmal zu einem Bauernhof und zu einem Botanischen Garten, wir haben am Ende des letzten Schuljahres mehrere Ausflüge gemacht. Seitdem es an unserer Schule als AG etabliert wurde und in den Händen der Schule liegt, holen wir sie etwa einmal im Monat von der Müllstadt ab. Dann kommen sie zu unserer Schule und unserem Campus. Dort haben sie Aktivitäten, Musik und vieles, was wir in die Müllstadt einfach nicht schaffen können. 

DOMRADIO.DE: Dieses Projekt ist an die Industrie- und Handelskammer eingereicht worden, das Motto des Wettbewerbs lautete "Schüler bauen weltweit Brücken". Am Dienstagabend gab es dafür in Berlin einen Scheck über 60.000 Euro. Sie haben da vor 300 Leuten gesprochen und das Projekt vorgestellt. Was machen Sie mit dem Geld? 

Hadiya Ahmed

"Das ist auch eine große Verantwortung, dass wir das Geld so nachhaltig wie möglich nutzen, sodass es auch den Kindern hilft."

Ahmed: Das ist ein großer Scheck. Das ist auch eine große Verantwortung, dass wir das Geld so nachhaltig wie möglich nutzen, sodass es auch den Kindern hilft. Wir haben gerade mehrere Ideen, wie wir das Geld nutzen werden, aber das wird noch sehr viel Arbeit und viele Treffen und viele Gespräche brauchen, damit wir genau wissen, was wir mit dem Geld machen werden. 

Zu den Ideen, die wir haben, zählt zum Beispiel ein Kurrikulum für die Kinder zu etablieren, sodass es einen genauen Plan gibt, was sie machen werden und wir die Fortschritte genauer messen können. Wir könnten auch ein System etablieren, wo wir die Schülerinnen und Schüler registrieren können, damit wir wissen, wann wer gekommen ist, was er oder sie gelernt hat und wie die Fortschritte dieser Schülerinnen und Schülern aussehen. Wir wollen auch die Ausflüge organisierter oder anders machen. Es gibt schon sehr viele Ideen und Trainings für die Schülerinnen, die das machen. 

Kinder spielen in Kairo zwischen Müllbaracken mit Verwertbarem aus dem Müll / © Harald Oppitz (KNA)
Kinder spielen in Kairo zwischen Müllbaracken mit Verwertbarem aus dem Müll / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Sie machen bei diesem Projekt mit und engagieren sich für Kinder, die im Müll und vom Müll leben. Ihnen selber geht es ganz gut. Sie gehen auf eine private Schule von den Schwestern von den Borromäerinnen. Warum bringen Sie Ihre Zeit für diese Kinder ein? 

Ahmed: Ich glaube, das gilt nicht nur für mich, sondern auch für die anderen Schülerinnen. Wir sollten erkennen, dass wir ein großes Privileg haben. Wir sind alle in Kairo geboren oder leben jetzt in Kairo. Wir gehen zu einer sehr guten Schule und bekommen eine sehr gute Bildung, können Abitur machen und haben sehr viele Chancen. 

Gleichzeitig bekommt aber jemand anderes, nur weil er irgendwo anders geboren wurde, nicht dieselben Chancen wie ich und nicht dieselben Möglichkeiten wie ich, trotz seines oder ihres Potenzials, dass sie oder er das alles genauso gut könnte wie ich. Wenn ich die Möglichkeit habe, ihnen zu helfen und sie zu fördern und ihnen eine Chance zu geben, dann mache ich das auf jeden Fall. 

Hadiya Ahmed

"Ich glaube, es ist für niemanden von uns nur ein Projekt oder eine Pflicht. Wir machen es aus Liebe, es ist einfach etwas, was wir sehr gerne machen."

Nachdem ich das erste Mal dorthin gegangen bin, wusste ich direkt, dass ich das weitermachen werde. Die Kinder sind super und sie haben viel liebevolle Energie, die sie uns zurückgeben und das ist einfach toll. Ich glaube, es ist für niemanden von uns nur ein Projekt oder eine Pflicht. Wir machen es aus Liebe. Es ist einfach etwas, was wir sehr gerne machen. 

Das Interview führte Uta Vorbrodt. 

Quelle:
DR

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