Caesar Mazzolari ist besorgt. Der katholische Bischof der Diözese Rumbek im Südsudan ist gerade von einem Besuch in der Gegend Mapuordit Payam im Bundesstaat Lakes zurückgekehrt. Schon vor der Reise dorthin hatte er Schlimmes befürchtet. Doch seine Vorahnungen sind noch übertroffen worden. "Dort wird Eigentum zerstört, Häuser werden niedergebrannt, Frauen vergewaltigt", sagte er dem Radiosender "Radio Good News" nach seiner Rückkehr am Wochenende und forderte gleichzeitig: "Wir brauchen eine Intervention."
Seit zwei Wochen schon liefern sich in dem Gebiet, das an den Bundesstaat Western Equatoria grenzt, zwei ethnische Gruppen immer wieder blutige Auseinandersetzungen. Auf der einen Seite stehen die Dinka Atuot, die meist Viehhirten sind; auf der anderen die Jur, die überwiegend Landwirtschaft betreiben. Mittlerweile seien die Ausschreitungen so massiv geworden, dass vor allem viele Menschen aus den Dörfern Schutz in der katholischen Missionsstation in Mapuordit suchen. Weiter geschlossen bleibt auch die Schule der Comboni-Missionare. Schulleiter Ustaz Lino Deng will das Risiko nicht eingehen. "Die Sicherheitslage ist zu schlecht."
Landauf, landab ethnische Konflikte
Allerdings ist die Region rund um Mapuordit keine Ausnahme, sondern zeigt vielmehr: Landauf, landab kommt es zu ethnischen Konflikten, die sich seit Wochen immer weiter zuspitzen und den neuen Staat schon vor seiner offiziellen Gründung am 9. Juli auf eine harte Probe stellen werden. So vermutet zumindest Professor Mahmood Mamdani. Er ist Leiter des Instituts für Sozialforschung an der Makerere-Universität in Kampala, Uganda, und ein ausgewiesener Kenner der afrikanischen Politszene. "Wenn der neu gegründete Staat sich nicht nachhaltig für Frieden und Entwicklung einsetzt, wird er mit noch nie dagewesenen Konflikten konfrontiert werden", so Mamdani bei einer öffentlichen Lesung in der vergangenen Woche.
Zudem warnt der Soziologe davor, dass sich Verlaufslinien von Distrikten und Regionen künftig nach ethnischer Zugehörigkeit richten. Das würde dazu führen, dass sich die Menschen im neu gegründeten Südsudan nicht als eine Nation fühlten; vielmehr seien weitere Spannungen vorprogrammiert, sagt Mamdani voraus. Doch nicht nur die Lage innerhalb des neuen afrikanischen Staates besorgt den Wissenschaftler. Auch die Grenzziehung zwischen dem Norden und Süden könnte zu Auseinandersetzungen zwischen beiden Ländern führen: Denn nun würden verschiedene ethnische Gruppen voneinander getrennt.
Besonders betroffen ist Darfur
Dabei sollten gerade die Konflikte nun der Vergangenheit angehören. Diese Hoffnung hatten zumindest zu Jahresbeginn die Südsudanesen bei ihrem historischen Referendum. Zwischen dem 9. und 16. Januar stimmten mehr als 99 Prozent dafür, künftig in einem eigenen Staat leben zu wollen. Die Abstimmung markierte das Ende eines mehrere Jahrzehnte andauernden Bürgerkrieges. Spannungen gibt es derzeit allerdings nicht nur im Süden, sondern auch im Nordsudan.
Besonders betroffen ist dort die Region Darfur. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen haben seit Januar mehr als 66.000 Menschen Schutz in Flüchtlingscamps gesucht. Außerdem könnte die Abspaltung des Südens den Wunsch in Darfur verstärken, unabhängig von der Zentralregierung in Khartum zu werden. Seit 2003 liefern sich dort die Regierungsarmee und verschiedene Rebellengruppen blutige Kämpfe. Der Sudan - ein Riesenland mit riesigen Problemen.
Schon die Gründung stellt den neuen Staat auf eine harte Probe
Noch keine Ruhe im Sudan
Die Schreckensmeldungen aus dem Sudan reißen seit Wochen nicht ab. Denn mittlerweile kriselt es in weiten Teilen des bislang größten Flächenstaates auf dem afrikanischen Kontinent. Ein Ende ist nicht in Sicht.
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