Experte sieht hohes Niveau rechtsextremer Organisierung in Sachsen

Schnell mobilisierte Anhänger

Die rechtsextreme Szene in Sachsen verfügt Experten zufolge über ein hohes Mobilisierungspotenzial. Sie sei noch genauso gut aufgestellt wie vor zehn Jahren.

Demonstration der rechtspopulistischen Bewegung Pro Chemnitz / © dpa (dpa)
Demonstration der rechtspopulistischen Bewegung Pro Chemnitz / © dpa ( dpa )

"Heute haben wir viele verschiedene, kleinere rechtsextreme Zusammenhänge, die nicht immer gemeinsam agieren und wo es auch Konkurrenzen untereinander gibt", sagte Rechtsextremismus-Experte Michael Nattke dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Dresden. In der Summe sei der Rechtsextremismus in Sachsen aber "noch genauso gut aufgestellt wie vor zehn Jahren", betonte er. Nattke ist Fachreferent im Kulturbüro Sachsen in Dresden.

Spektrenübergreifende Themen in der Szene

"Wir haben nach wie vor ein sehr hohes Niveau an rechtsextremer Organisierung und viele Menschen, die sich der Szene zugehörig fühlen", sagte er. Vor allem in ländlichen Regionen gebe es viele kleine Gruppen, die vor Ort agierten, aber nicht zwingend einer größeren Organisation angehörten, die sachsenweit aktiv ist.

Aber es gebe "bestimmte Themen, die sind spektrenübergreifend in der gesamten rechtsextremen Szene - etwas, wo sich alle angesprochen fühlen und wo dann auch alle einer Mobilisierung folgen". Das sei in Chemnitz deutlich geworden. In kürzester Zeit hätten sich viele Anhänger mobilisiert.

Und dieses Potenzial, nicht nur auf Sachsen bezogen, sondern auch auf die angrenzenden Bundesländer, führe dazu, dass die rechtsextreme Szene so schnell zusammenkommen könne. Das bedeute nicht, dass diese Leute, die gemeinsam auf der Straße sind, sich in allen Punkten einig seien und immer zusammen agierten.

"Nichts, was sich von heute auf morgen ändern lässt"

"Dieser Schulterschluss ist nicht automatisch belastbar für alle gesellschaftliche Themen. Er funktioniert nur für das Ereignis", sagte Nattke. Beruhigen könne das aber trotzdem nicht. So habe etwa die NPD in ihrer Parteigeschichte seit 1964 auch mal einige Jahre keine Rolle gespielt, sei aber immer wieder stark geworden.

"Das Potenzial ist da", sagte Nattke: "Ob das jetzt in fünf oder zehn Jahren die NPD ist oder irgendeine andere Partei, die wir jetzt noch nicht sehen, die es aber schafft, die komplette rechtsextreme Szene zu vereinen, bleibt abzuwarten."

Selbst wenn die Politik jetzt beherzt agiere, werde es mindestens 20 Jahre brauchen, bis der Rechtsextremismus in Sachsen zurückgedrängt sei. "Das ist nichts, was sich von heute auf morgen ändern lässt", sagte Nattke im epd-Gespräch weiter. Es gehe um Einstellungen, die verfestigt sind. Einige Personen würden "ohnehin dabei bleiben", vermutet Nattke, "aber einige werde auch noch mal darüber nachdenken".

Katharina Rögner


Quelle:
epd
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