Schlimmste Dürre in Guatemala seit Jahrzehnten

Endloses Warten auf den Regen

Nach der Dürre kam der Pilz in die Kaffeeplantagen: In Guatemala ist das Leben vieler Bauern aus den Fugen geraten. Wegen der schlimmsten Trockenheit seit Jahrzehnten sind die Bohnen- und Maisfelder verdorrt. Ursache ist das Wetterphänomen El Niño.

Autor/in:
Gesine Kauffmann
Bauern im Dorf Conocaste bauen Mais an / © Markus Nowak (epd)
Bauern im Dorf Conocaste bauen Mais an / © Markus Nowak ( epd )

In diesem Jahr wäre Porfirio Garcia nicht mehr alleine über die Runden gekommen. "Bei der letzten Ernte im Herbst haben wir die Maiskolben geerntet, als sie noch grün waren", sagt der 52-Jährige. "Sonst hätten wir nichts mehr zu essen gehabt." Für die nächste Aussaat blieb nichts übrig, und die Vorräte waren schnell aufgezehrt. Der Kleinbauer lebt mit seiner Ehefrau und den acht Kindern in Conacaste, einem Dorf in der Provinz Chiquimula in Guatemala.

Die Provinz liegt im sogenannten Trockenkorridor, der vier zentralamerikanische Staaten durchzieht. Dort herrscht seit dem vergangenen Jahr eine Dürre, die von den Vereinten Nationen als eine der schwersten in der Geschichte der Region bezeichnet wird. Insgesamt sind für 3,5 Millionen Menschen die Nahrungsmittel knapp, in Guatemala für 1,3 Millionen. Verantwortlich dafür ist der Klimawandel, der das Wetterphänomen El Niño verstärkt: In Mittelamerika lässt es die Temperaturen steigen und den Regen versiegen.

Ein Pilz auf der Kaffeeplantage

Das Leben von Garcia und anderen Kleinbauern geriet aus den Fugen. Früher konnte er auf seinem 1,5 Hektar großen Feld zweimal im Jahr Mais und Bohnen ernten und Vorräte anlegen. Zwischendurch hat er auf einer Kaffeeplantage Geld dazuverdient. Die Garcias leben in zwei kleinen Holzhütten, gekocht wird über dem offenen Feuer. Beißender Qualm erfüllt den Raum, wenn die Tortillas gebacken werden. Strom gibt es nicht, Wasser fließt durch eine improvisierte Leitung von einer Quelle oben am Berg.

Zwischen Juni und August musste die Familie schon früher mit weniger auskommen. Doch es hat gereicht - bis El Niño kam. Auf der Plantage, auf der Garcia gemeinsam mit seinen zwei erwachsenen Söhnen arbeitet, hat sich - ebenfalls bedingt durch steigende Temperaturen - der Kaffeerost, ein Pilz, ausgebreitet. Ernte und Verdienst fielen geringer aus, wie Garcia erzählt: Statt 14 Euro nur noch knapp sechs Euro am Tag. Allein die Fahrt in die nächste Kleinstadt, Jocotán, kostet 3,50 Euro.

Lebensmittel und Saatgut vom Arbeiter-Samariter-Bund

Es sind Familien wie diese, denen der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) hilft - mit Mitteln des deutschen Entwicklungsministeriums und des Auswärtigen Amtes. Insgesamt werden in Guatemala knapp 1.000 Familien in vier Gemeinden der Provinz Chiquimula unterstützt. "Eigentlich ist der Bedarf dort mindestens doppelt so groß", sagt der ASB-Regionaldirektor für Lateinamerika, Alejandro Zurita. "Aber für alle reicht das Geld nicht." Die Familien erhalten Lebensmittel, um die akute Krise zu überbrücken, Wasserfilter, Saatgut sowie Tipps für Anbau und Vorratshaltung.

Die Bauern sollen so rasch wie möglich wieder auf eigenen Füßen stehen. Zurita betont: "Wir helfen den Menschen, jetzt zu überleben. Die gesellschaftlichen Strukturen ändern können wir damit nicht." Und die sind auch eine Ursache für die Not. In Guatemala mit seinen knapp 16 Millionen Einwohnern ist der Wohlstand extrem ungerecht verteilt. Rund ein Dutzend Familien von Großgrundbesitzern bestimmen die wirtschaftlichen Geschicke, sie bebauen auch den Großteil der fruchtbaren Flächen. Für die indianische Maya-Bevölkerung bleiben die nährstoffarmen Böden, die vor allem an steilen Hängen liegen und kaum etwas hergeben.

Internationales Projekt für ländliche Entwicklung

An der sozialen Ungleichheit wird auch die staatliche deutsche Entwicklungszusammenarbeit so schnell nichts ändern. Gleichwohl unterstützt sie die guatemaltekische Regierung neben der Nothilfe dabei, die Folgen des Klimawandels besser zu bewältigen. Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) hilft mehreren Gemeinden unter anderem dabei, ihre Wasser- und Abwasserversorgung zu verbessern, traditionelles Saatgut zu vermehren und Grünanlagen anzulegen.

Jüngstes Projekt der internationalen Kooperation ist ein agrar-ökologisches Zentrum für Forschung und Umweltbildung, das bis Ende 2017 in San Miguel Chicaj in Baja Vera Paz entstehen soll. Dort sollen an den Klimawandel angepasste Saatgutsorten entwickelt sowie Anbau- und Bewässerungstechniken und Methoden der nachhaltigen Landwirtschaft vermittelt werden. 10,5 Millionen Euro fließen von 2013 bis 2018 in ein Programm zur ländlichen Entwicklung und Anpassung an den Klimawandel (Adaptate) in den Provinzen El Progreso und Baja Vera Paz.

Wie es mit dem Programm weitergeht, ist offen. Seit Januar ist in Guatemala eine neue Regierung im Amt, Anfang Juli finden Konsultationen über die nächsten Schritte in der Zusammenarbeit mit Deutschland statt. Bauer Garcia in Conacaste bleibt indessen nur das Warten auf den Regen - der muss bis Ende Juli reichlich fallen, damit er im Herbst eine reiche Maisernte einbringen kann.


Quelle:
epd