Schiitische Gemeinden verlassen Hamburger Muslim-Rat

"Einschnitt in die freie Religionsausübung"

Mehrere schiitische Gemeinden ziehen sich aus dem muslimischen Dachverband Schura in der Hansestadt Hamburg zurück. Zuvor war das umstrittene Islamischen Zentrum Hamburg aus der ziehen aus dem Verband ausgetreten.

Das Islamische Zentrum Hamburg IZH mit der Imam-Ali-Moschee. / © Daniel Bockwoldt (dpa)
Das Islamische Zentrum Hamburg IZH mit der Imam-Ali-Moschee. / © Daniel Bockwoldt ( dpa )

"Leider fühlen wir uns institutionell nicht mehr vertreten", erklärten fünf schiitische Vereine am Wochenende in Hamburg. Das IZH sei "das Herz vieler Schiiten in der gesamten Bundesrepublik und in vielen Teilen Europas".

Das 1953 gegründete Islamischen Zentrums Hamburg (IZH) betreibt die sogenannte Blaue Moschee an der Alster und ist Anlaufpunkt schiitischer Muslime verschiedener Nationalitäten. Der Verein wird vom Landesamt für Verfassungsschutz als Außenposten des iranischen Mullah-Regimes in Europa gesehen. Vor knapp zwei Wochen hatte er seinen Austritt aus der Schura erklärt und war damit einem Ausschluss zuvorgekommen.

Protestwelle im Iran

Die Schura Hamburg repräsentiert rund 60 islamische Vereine. Die Mitgliedschaft des IZH war umstritten, weil die Stadt Hamburg mit dem Dachverband einen Staatsvertrag geschlossen hat, dessen Bewertung nun nach zehn Jahren ansteht. Seit Beginn der jüngsten Protestwelle im Iran war das IZH verstärkt unter Druck geraten. Die Ampel-Koalition prüft, ob eine Auflösung des Vereins möglich ist.

Nach den Tod der 22-jährigen Mahsa Amini in Haft der Sittenpolizei protestieren Iraner am 27.10.2022 gegen das Regime  / © Uncredited (dpa)
Nach den Tod der 22-jährigen Mahsa Amini in Haft der Sittenpolizei protestieren Iraner am 27.10.2022 gegen das Regime / © Uncredited ( dpa )

Das Zentrum an der Außenalster sei seit über sechs Jahrzehnten eine Stätte der muslimischen Einheit und habe auf vielen Gebieten die Schura positiv mitgeprägt und unterstützt, so die schiitischen Gemeinden weiter. "Unsere geliebte Moschee als ein 'Spionagenest', 'Terrorhaus' oder 'extremistische Einrichtung' zu bezeichnen, stellt eine gravierende Diffamierung des wichtigsten europäischen Gotteshauses der Schiiten dar."

Den Ruf nach einer Schließung des IZH bezeichnen die Vereine "als Zäsur und Einschnitt in die freie Religionsausübung und politisches Versagen". In die Richtung der restlichen Schiiten habe die Hamburger Politik nie ein ernst gemeintes Gesprächsangebot gesendet.

Schiiten

Schiiten sind neben den weitaus dominierenden Sunniten eine der beiden Hauptrichtungen des Islam. Ihr Anteil an der muslimischen Weltgemeinschaft wird auf 10 bis 13 Prozent geschätzt; iranische Quellen nennen höhere Zahlen. Die größte Gruppe innerhalb der Schia bilden die Zwölfer-Schiiten, so genannt nach den zwölf Imamen, die sie als alleinige legitime Nachfolger des Propheten Mohammed betrachten. Im Streit darüber wurzelt die Trennung zwischen Sunniten und Schiiten.

Schiiten in Saudi-Arabien / © Str (dpa)
Schiiten in Saudi-Arabien / © Str ( dpa )
Quelle:
KNA