Acacia dealbata – Die falsche Mimose

Scheinbar schüchtern

Früher waren die Strüßje, die während der Karnevalszüge geworfen werden, mit gelben Mimosen gebunden. Einleuchtend, denn die Mimosen entfalten gerade jetzt ihre Pracht und ihren sinnlichen Duft. Aber wie das so ist: Diese Mimose ist gar keine.

Karnevalisten / © Federico Gambarini (dpa)
Karnevalisten / © Federico Gambarini ( dpa )

Die richtige Mimose "Mimosa pudica" ist ein tropischer Halbstrauch aus Südamerika mit rosa Blüten. Mimosa deshalb, weil sie auf kleinste Berührungen und Erschütterungen sehr schnell ihre Fiederblätter zusammenklappt, also ihre Mimik verändert. Dabei reagiert sie sogar Blättchen für Blättchen. Das faszinierte die Menschen schon immer, und weil sie so schnell ihre Blätter einklappt, bekam sie den Beinamen "Pudica", die Schüchterne. Und wer ähnlich wie sie reagiert, ist eben eine Mimose.

Die falsche Mimose aus Australien

Die gelb blühende sogenannte Mimose ist dagegen eine Akazien-Art: Acacia dealbata, die Silber-Akazie. Die Blütenstände ähneln der richtigen Mimose und die Blätter reagieren ein wenig ähnlich mimosenhaft. Und tatsächliche gehören echte und falsche Mimose zur selben Pflanzenfamilie der Mimosengewächse. Aber die Silber-Akazie ist eben ein Baum und stammt von einem anderen Kontinent.

Die Heimat der Acacia dealbata ist Australien. Der immergrüne Baum wird bis zu 20 Meter hoch und hat sich auch in Südeuropa gut eingebürgert. Die Silber-Akazie steht gern hell, harten Frost verträgt sie aber nur unter Glas. In unseren Breiten gedeiht sie also eher im Kübel und überwintert am besten im hellen Wintergarten.

Das "Festa della Donna"

Vor allem die Italiener haben die Silber Akazie zur Mimose gemacht. Ganze Landschaften sind dort in diesen Wochen in das Gelb ihrer Blüten getaucht. Und Anfang März, genau am achten, bestimmt sie dann mit ihrem Gelb und ihrem Duft in ganz Italien den "Tag der Frauen", das "Festa della Donna", eine Art Weiberfastnacht, Valentinstag und Muttertag in einem. Die italienischen Männer kaufen dann Millionen Zweige der falschen Mimose und schenken sie den Frauen. Während in anderen Ländern der Weltfrauentag eher ein politischer Tag ist, macht ihn also Italien zum Fest.

Die Straße der Mimosen

"Auf dem grünen Hügel befindet sich die Gefährtin meines liebenden Herzens. Straße der Mimosen, wo mich die Liebe eines Tages anlächelte und mit einem Kuss mein Herz entflammte…" sang Luciano Tajoli.

In Köln findet quasi der "Weltfrauentag" al á Italia immer am Donnerstag vor Rosenmontag statt. Und wenn auch die gelbe Mimose wegen der Kälte nicht bis in unsere Gärten und Parks vorgedrungen ist, so herrscht doch echte Freude über die falsche Mimose, wenn sie als Strüßje Rosenmontag geflogen kommt. Das verbindet die Italienerinnen mit den Frauen im Rheinland. Und wenn das Strüßje dann in der Vase steht, kann man herrlich philosophieren über Schein und Sein, über die scheinbar Schüchterne und die tatsächlich Unerreichbare. Die Geliebte, die Luciano Tajoli auf der Straße der Mimosen besingt, antwortet jedenfalls nicht.  (Stefan Quilitz)