Schau über Abgründe & Hoffnung deutsch-polnischer Geschichte

Auschwitz-Pläne und Miros WM-Schuhe

Das deutsch-polnische Verhältnis bleibt schwierig. Erst jüngst reagierten polnische Medien mit Argwohn auf eine Titelgeschichte des "Spiegels" über den Beitrag osteuropäischer Helfershelfer zum Judenmord der Nazis.

Autor/in:
Gregor Krumpholz
 (DR)

Die Deutschen wollten einmal mehr ihre Schuld abwälzen, lautete der Vorwurf. Eine neue Ausstellung im Deutschen Historischen Museum (DHM) in Berlin soll ab Donnerstag das beiderseitige Verständnis fördern.

Die Schau steht unter dem Titel «Deutsche und Polen - 1.9.39 - Abgründe und Hoffnungen». Anlass ist der 70. Jahrestag des deutschen Überfalls auf das Nachbarland, mit dem der Zweite Weltkrieg begann.
Im «glückhaften» Gedenkjahr an die Gründung der Bundesrepublik 1949 und den Fall der Mauer 1989 wolle das DHM auch dieses «wechselvolle und in großen Teilen furchtbare Thema» nicht aussparen, erklärte dessen Stiftungs-Präsident Hans Ottomeyer.

Mit Hilfe von 750 Originalexponaten spannt die Ausstellung einen weiten Bogen vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart: Von der Aufteilung durch die Nachbarstaaten, die Polen ab 1795 für 123 Jahre von der Landkarte verschwinden ließen, über die versuchte Germanisierung im 19. Jahrhundert bis zur Wiedergründung in Folge des Ersten Weltkriegs und die anhaltenden Konflikte um seine Grenzen. Die Schau präsentiert zunächst einen informativen, wenngleich wenig spektakulären Prolog von Plakaten, Landkarten und Historiengemälden.

Umso härter erscheint der mit dem 1. September 1939 markierte Schnitt. Der Besucher taucht buchstäblich ein in das schwärzeste Kapitel der gemeinsamen Geschichte. In einem abgegrenzten abgedunkelten Teil geht es um die mehr als sechs Jahre Polens unter deutscher Besatzung im Zweiten Weltkrieg. Hier dominiert das Dokumentarbild, kommentiert von Audiostationen mit Zeitzeugenberichten.

Manches Foto von Erschießungskommandos und Leichenbergen ist bekannt und verweigert sich doch der Gewöhnung, anderes wie die kürzlich aufgefundenen Bauskizzen des Auschwitz-Krematoriums wird erstmals vor größerem Publikum präsentiert. Die Schau solle die schrecklichen Abgründe der Okkupation verständlich machen, erläuterte Projektleiter Burkhard Asmus. Sie kostete bis zu sechs Millionen Menschen das Leben, rund jedem sechsten Polen der Vorkriegsbevölkerung.

So lässt der zentrale Teil manches verständlicher erscheinen, was folgte. Dennoch bemüht sich die Schau auch beim Thema Flucht und Vertreibung um Ausgewogenheit. Der «Erinnerungskiste» deutscher Schlesier und mitausgesiedelten Wohnungsschlüsseln stehen eine Hausmadonna und eine Sichel von Polen gegenüber, die aus der Ukraine vertrieben wurden.

Mit einem bunten Sammelsurium weitet die Schau sich dann zum überwiegend versöhnlichen Ausklang. Es finden sich nicht nur gewichtige Verständigungsimpulse wie die evangelische Ostdenkschrift und der Briefwechsel der katholischen Bischöfe beider Länder von 1965. Eine ganze Vitrine ist auch dem Beitrag des deutsch-polnischen Matchs zum «Sommermärchen» der Fußball-WM 2006 gewidmet, symbolisiert durch Fanschals und die Stollenschuhe des polnischstämmigen Torjägers Miroslaw Klose.

Anfangs habe er Zweifel und Vorbehalte gehabt, als er in den Ausstellungsbeirat gebeten wurde, räumte der polnische Historiker Tomasz Szarota ein. Als Grund seines Zögerns nennt er die Sorge, in die immer wieder aufflackernden deutsch-polnischen Irritationen verstrickt zu werden. Angesichts des Erreichten sei er nun aber «glücklich und stolz», daran mitgewirkt zu haben.