Runder Tisch Heimerziehung empfiehlt Entschädigungsfonds

"Gutes gemeinsames Ergebnis"

Zur Entschädigung ehemaliger Heimkinder soll ein Fonds gegründet werden. Der Runde Tisch Heimerziehung hat seine Arbeit mit einer entsprechenden Empfehlung abgeschlossen. Nach Angaben aus Teilnehmerkreisen soll der Fonds 120 Millionen Euro umfassen. Ehemalige Heimkinder zeigten sich erleichtert und zufrieden.

 (DR)

Der Fonds soll aber aufgestockt werden, wenn mehr Anträge gestellt werden, als aus dieser Summe finanziert werden können. Der Fonds soll zu je einem Drittel vom Bund, den Ländern und den Kirchen finanziert werden.

Die Vertreter der ehemaligen Heimkinder am Runden Tisch stimmten dem Beschluss zu. Sie billigten auch den Abschlussbericht des Gremiums, der am Montag der Öffentlichkeit vorgestellt werden soll. Der Vertreter der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Johannes Stücker-Brüning, sprach von einem "guten gemeinsamen Ergebnis".

Ehemalige Heimkinder zeigten sich erleichtert
Die ehemaligen Heimkinder zeigten sich erleichtert und zufrieden. Sie hätten der Entschädigungs-Lösung schließlich zugestimmt, weil der Fonds nach oben offen sei, sagte Sonja Djurovic. So werde erreicht, dass alle Betroffenen gleich behandelt werden könnten. Djurovic appellierte an den Bund und die Länder, das notwendige Geld bereitzustellen. Die Kirchen haben zugesagt, dass sie in den Fonds einzahlen werden, wenn alle Beteiligten mitziehen.

Aus dem Fonds sollen ehemalige Heimkinder finanzielle Hilfen erhalten, die bis heute unter den Folgen von Traumatisierungen leiden und bedürftig sind. Ein weiterer Topf ist für Rentennachzahlungen vorgesehen. Viele Heimkinder, die bereits als Jugendliche schwer arbeiten mussten, waren von den Heimträgern nicht bei der Rentenversicherung angemeldet worden, wodurch ihnen bis heute ein Teil ihrer Rentenansprüche vorenthalten wird.

Prügel und Arbeitszwang waren an der Tagesordnung
Etwa 800.000 Kinder und Jugendliche wuchsen nach Angaben des Runden Tisches in den 1950er und 60er Jahren in kirchlichen und staatlichen Heimen auf. Brutale Erziehungsmethoden, Demütigungen, Prügel und Arbeitszwang waren an der Tagesordnung. In seinem Abschlussbericht erkennt der Runde Tisch das Leid der Heimkinder als Unrecht im Rechtsstaat an. Versagt hätten nicht nur die Erzieher und Heimträger, sondern auch die Heimaufsicht sowie Vormünder und Gerichte, die den Kindern und Jugendlichen keinen rechtlichen Schutz boten.

Aus Teilnehmerkreisen verlautete weiter, dass ehemalige Heimkinder, die sexuell missbraucht worden sind, ihre Ansprüche über den Runden Tisch Missbrauch geltend machen sollen, den die Bundesregierung eingerichtet hat. Das Gremium will im Laufe des kommenden Jahres über mögliche Entschädigungen entscheiden. Von den früheren Heimkindern, die sich bei der Anlaufstelle des Runden Tisches Heimerziehung gemeldet haben, berichtet jeder Dritte von sexuellen Übergriffen.

Am Montag gibt es den Abschlussbericht
Die Moderatorin des Runden Tisches, die Grünen-Politikerin Antje Vollmer, wollte das Ergebnis der zweijährigen Arbeit des Gremiums am Freitag nicht kommentieren, bestätigte aber den einstimmigen Beschluss. Sie will am Montag gemeinsam mit weiteren Vertretern des Runden Tisches den Abschlussbericht der Öffentlichkeit vorstellen.

Auch der Verein ehemaliger Heimkinder, der die Arbeit des Runden Tisches scharf kritisiert und Entschädigungen in Milliardenhöhe fordert, will die Ergebnisse am Montag bewerten.

Im Januar soll der Abschlussbericht dem Bundestag überreicht werden. Das Parlament entscheidet über die Umsetzung der Empfehlungen. Auch die Länderparlamente der elf westdeutschen Bundesländer müssen zustimmen.