Rund 250.000 Minderjährige sind weltweit als Kindersoldaten im Einsatz

Kämpfer, Köche, Sexspielzeug

Kinder und Jugendliche überreichen an diesem Donnerstag in Berlin rund hunderttausend rote Handabdrücke aus 34 Ländern an Bundespräsident Horst Köhler. Mit dem "Rote Hand Aktionstag" wollen Menschenrechts- und Hilfsorganisationen auf das Schicksal von weltweit mehr als 250.000 Kindersoldaten aufmerksam machen.

Autor/in:
Ellen Reglitz
 (DR)

Der Tag geht auf den 12. Februar 2002 zurück, an dem das «Kindersoldaten-Zusatzprotokoll» zur UN-Kinderrechtskonvention in Kraft trat. Es verbietet Regierungen und bewaffneten Gruppen, Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren als Soldaten einzusetzen. Deutschland ratifizierte das Protokoll im Jahr 2004. Zum Aktionstag riefen unter anderem Amnesty International, UNICEF, terre des hommes, Kindernothilfe und World Vision auf.

Die meisten Kindersoldaten weltweit gibt es in Birma (Myanmar).
Dort kämpfen nach Schätzungen von terre des hommes 77.000 Minderjährige in der Regierungsarmee und bewaffneten Oppositionsgruppen. Der «Weltreport Kindersoldaten 2008», der von einer Koalition führender Kinder- und Menschenrechtsorganisationen vorgelegt wurde, gibt an, dass zwischen 2004 und 2007 in insgesamt 19 Ländern Kindersoldaten im Einsatz waren.

Die Kindernothilfe geht sogar davon aus, dass in jedem Krieg der Welt Kinder als Soldaten tätig sind. Oft bleibe ihr Einsatz jedoch im Verborgenen. Sprecher Sascha Decker betont, dass Kinder nicht nur als Soldaten, sondern auch als Köche, Späher oder Sexspielzeug rekrutiert werden. «Nicht erst der Einsatz an der Waffe macht ein Kind zum Soldaten.»

Ein Großteil der Kindersoldaten wird zwangsrekrutiert. Andere werden von offiziellen Armeen oder Rebellengruppen mit falschen Versprechungen und einem geringen Sold gelockt. Auch die Angst vor Übergriffen und die Hoffnung auf Schutz treibt Jungen und Mädchen an die Waffe.

Erfahrungen der Kindernothilfe haben gezeigt, dass der Einsatz langfristig Misstrauen und Zwietracht in ein Volk sät und die Gesellschaft dauerhaft schädigt. «Selbst die eigenen Familien haben häufig Angst vor ehemaligen Kindersoldaten», erklärt Decker. Auch Athanasios Melissis von terre des hommes weist darauf hin, dass die Resozialisierung meist ein jahrelanger Prozess sei.

Den laufenden Prozess gegen den ehemaligen kongolesischen Rebellenführer Thomas Lubanga vor dem Internationalen Strafgerichtshof werten die Organisationen als Fortschritt. Der Angeklagte wird für die Rekrutierung und den Einsatz Hunderter Kindersoldaten bei blutigen Kämpfen in der kongolesischen Provinz Ituri von 2002 bis 2003 verantwortlich gemacht.

Zugleich kritisieren die Hilfsorganisationen den Umgang Deutschlands mit ehemaligen Kindersoldaten. Bis auf wenige Ausnahmen werde ihnen systematisch ein Bleiberecht in der Bundesrepublik verwehrt. Terre des hommes fordert deshalb, dass ein Dasein als Kindersoldat als Asylgrund anerkannt wird. Nach Angaben der Kindernothilfe leben derzeit rund 500 ehemalige Kindersoldaten in Deutschland.

Terre des hommes-Sprecher Melissis betont, dass auch die Aufklärungsarbeit in den betroffenen Ländern wichtig sei. «Oft gibt es unter den Tätern einfach gar kein Unrechtsbewusstsein.» Mit einem Projekt in Birma etwa halte terre des hommes deshalb direkten Kontakt zu Rebellengruppen und informiere sie über die Konsequenzen, die der Einsatz von Kindersoldaten mit sich bringt.