Rüttgers verteidigt vor westfälischer Synode Steuersenkungen und rügt GM

Wachsende Bedeutung der Kirche

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers hat die geplanten Steuersenkungen der schwarz-gelben Bundesregierung gegen Kritik auch aus der Kirche verteidigt. Sie könnten die Konjunktur beleben und die Menschen in wirtschaftlich schwieriger Zeit entlasten, sagte Rüttgers am Mittwoch vor der Landessynode der Evangelischen Kirche von Westfalen in Bielefeld.

 (DR)

Der Düsseldorfer Regierungschef räumte vor der Synode ein, dass so der Schuldenberg für künftige Generationenwachse, allerdings würden öffentliche Haushalte und Sozialkassen ebenfalls leerer, «wenn die Versuche, den Markt zu beleben, unterblieben». Die Wirtschaftskrise sei noch nicht vorbei und es werde noch harte Wochen und Monate auf dem Arbeitsmarkt geben.

Der Präses der westfälischen Kirche, Alfred Buß, hatte Steuersenkungen am Vortag scharf kritisiert. Nach der enormen Neuverschuldung zur Bewältigung der Finanzkrise werde diese Politik weitere Haushaltslöcher reißen, sagte der Repräsentant der 2,6 Millionen evangelischen Christen in Westfalen. Klamme Finanzen bewirkten, dass das Gemeinwesen seine Aufgaben nicht mehr alle erfüllen könne.

Scharfe Kritik an GM
Mit scharfen Worten geißelte Rüttgers erneut das Management der Opel-Mutter General Motors (GM) und warf dem US-Konzern Wortbruch vor. Die Konzernführung in Detroit habe Menschen über Monate hinweg zu Geiseln einer verfehlten Unternehmenspolitik gemacht und dabei die Zerstörung von Existenzen und Familien von vornherein einkalkuliert. Das Unternehmen habe sich «nicht darum geschert, dass Menschen Angst haben, dass sie und ihre Familien keine oder nur eine sehr schwere Zukunft haben». Das «unerträglich und nicht akzeptabel».

Es reiche auch nicht, wenn GM-Chef Fritz Henderson nach Deutschland komme, «um gut Wetter zu machen», betonte Rüttgers. Er erwarte schriftliche Zusagen des US-Autobauers zu seinem Engagement bei Opel, damit die Beschäftigten im Bochumer Opel-Werk in Ruhe Weihnachten feiern könnten. Rüttgers warnte davor, dass «eine Gesellschaft dem Materialismus und einem zügellosen Individualismus verfällt.

Kirche und Politik auf einem gemeinsamen Fundament
An die Kirche appellierte der Ministerpräsident, weiter selbstbewusst ihre Meinung zu sagen. »Erheben Sie Ihre Stimme - für die Gerechtigkeit, für die Menschen, für unser Land«, sagte er vor dem westfälischen Kirchenparlament. Kirche und Politik seien zwar nicht immer einer Meinung, stünden aber auf einem gemeinsamen Fundament. In der Zukunft erwartet Rüttgers trotz sinkender Mitgliederzahlen eine wachsende Bedeutung der Kirche. Ihr Wort gewinne an Gewicht, weil sie sich »frei wie kaum ein anderer« äußern und ihre Maßstäbe anlegen könne.

Präses Buß überreichte Rüttgers eine von der westfälischen Kirche herausgegebene Studie »Die Soziale Marktwirtschaft ethisch weiterdenken". Marktwirtschaft brauche einen Rahmen, betonte der Theologe. Die Studie beschreibt Wege, wie Marktwirtschaft gesellschaftlich und kulturell eingebettet und Wettbewerb ökologisch und sozial ausgerichtet werden kann. Auch die Möglichkeiten kirchlicher Mitgestaltung kommen zur Sprache.