Rückgabe Kircheneigentum in Tschechien soll besteuert werden

Kommunisten erpressen erfolgreich die Minderheitsregierung

Ein brisanter Gesetzesentwurf stand auf der Tagesordnung des Prager Abgeordnetenhauses. Es ging um die Kirchen, viel Geld – und letztlich um den Fortbestand der Regierung. Der Prager Kardinal Duka zeigt sich entmutigt.

Autor/in:
Hans-Jörg Schmidt
 (DR)

Über kein Gesetz wurde in der postkommunistischen Tschechischen Republik so lange gerungen wie über die Entschädigung der Kirchen und Religionsgemeinschaften für deren Enteignung in den 1950er Jahren unter kommunistischer Herrschaft. Am Ende musste sogar das Verfassungsgericht in Brünn aktiv werden, um die von Regierung und den Kirchen nach zähen Verhandlungen erzielte Vereinbarung nachträglich abzusegnen.

Für den Teil des Eigentums, das heute nicht mehr zurückgegeben werden kann, soll der Staat laut dem Restitutionsgesetz über einen Zeitraum von 30 Jahren umgerechnet 2,3 Milliarden Euro zahlen. Im Sommer 2018 nun gingen die Kommunisten in die Verlängerung. Sie kündigten an, dass sie die Minderheitsregierung aus der systemkritischen Bewegung ANO von Ministerpräsident Andrej Babis und den Sozialdemokraten nur dann langfristig tolerieren würden, wenn eben dieses Gesetz gekippt werde.

80 Prozent der Tschechen gehören keiner Kirche an

Parteichef Vojtech Filip sprach von einem "Geschenk des Staates an die Kirchen". Wenn 80 Prozent der Tschechen keiner Kirche angehörten, müsse das Land den Kirchen auch nicht so viel öffentliche Gelder "schenken". Unter dem Druck der Kommunisten willigte Babis in neue Verhandlungen ein. Der Wert der Grundstücke und Wälder, die einst den Kirchen gehörten, sei seiner Meinung nach "zu hoch" angesetzt worden.

Der abgestimmte Vorschlag der kommunistischen Gesetzesnovelle lautete: Die Entschädigungszahlungen an die Kirchen sollen als Einkünfte mit 19 Prozent versteuert werden. So würden umgerechnet 23,4 Millionen Euro pro Jahr in die Staatskasse zurückfließen. Für Kritiker wie den früheren Kulturminister Daniel Hermann von den Christdemokraten ein Unding: "Das hat dieselbe Logik, als wenn ihnen ein Dieb das Auto stiehlt, die Polizei es findet und zurückgibt und sie dafür Steuern bezahlen müssten."

Doch mit Recht und Gesetz tut sich der tschechische Staat seit jeher schwer, wenn es um die Kirchen geht. Nicht nur die Kommunisten wollen letztlich Recht behalten für ihre Enteignungen der 50er Jahre. Rechtsaußen-Politiker, aber auch Staatspräsident Milos Zeman finden, dass man den Kirchen zu viele Zugeständnisse mache. Zeman zog es 2018 auch vor, als erstes Staatsoberhaupt des Landes nach 1989 bei einem Parteitag der Kommunisten zu sprechen, statt einen Festgottesdienst für den einst von den Kommunisten exilierten Kardinal Josef Beran (1888-1969) zu gehen, der in den Prager Veitsdom umgebettet wurde.

Schwerer Schlag für Kardinal Duka

Ein schwerer Schlag für den amtierenden Prager Kardinal Dominik Duka (75), der eine Menge für ein gutes Verhältnis zwischen Staat und Kirche getan hat. Zeman - wiewohl herzlich unchristlich - ließ sich beide Präsidentschaften von Duka segnen - was die Restitutionsfrage für Duka nur noch heikler macht. Der Präsident stört sich daran, dass die Kirchen immer noch für Restitutionen gegen Kommunen und Kreise prozessieren.

Der Generalsekretär der Bischofskonferenz, Stanislav Pribyl, ließ dazu verlauten: "Der Herr Präsident kennt die Einzelheiten des Restitutionsgesetzes nicht. Dort ist die rechtliche Klärung strittiger Fälle extra vorgesehen." Zudem seien die Kirchen sehr bescheiden gewesen. Ansprüche auf ehemaliges Kircheneigentum in privater Hand habe man gar nicht erst erhoben, und die Kunstschätze seien in den Galerien geblieben.

Der Senat ist gefordert

Für solche Argumentationen haben namentlich die Kommunisten kein Ohr. Für sie ist das Restitutionsgesetz der Hebel gewesen, die Minderheitsregierung zu erpressen: Entweder ihr kippt das Gesetz, oder ihr müsst euch andere suchen, die euch tolerieren. Somit hing vom Ausgang der Abstimmung am Mittwoch auch die Zukunft der tschechischen Regierung ab; das Ergebnis war nicht überraschend.

Nun ist der Senat am Zug. Diese zweite Parlamentskammer wird von Konservativen und Liberalen beherrscht. Sie werden zwar ihr Vetorecht nutzen - doch das kann wiederum durch das Abgeordnetenhaus überstimmt werden. Dass anschließend Präsident Zeman seine Unterschrift leistet, gilt als sicher.

Den Kirchen und Glaubensgemeinschaften bleibt dann wieder nur der Gang vor das Verfassungsgericht. Kardinal Duka hatte betont, dass sie das nur schweren Herzens tun würden. Ihn schmerzt nicht nur das zerstörte Vertrauen mit Zeman. Er weiß auch, dass eine Fortführung des Streits vor Gericht die Mehrheit der Tschechen einmal mehr gegen "die Kirche" aufbringen wird. Das Unrechtsbewusstsein vieler Tschechen gegenüber der Kirche ist laut vielen Umfragen nur sehr gering.

 

Quelle:
KNA
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