Roncalli-Chef rekonstruierte für Mutter 50er-Jahre-Wohnung

"Ab und zu setze ich mich rein"

Der Direktor des "Circus Roncalli", Bernhard Paul, denkt an Weihnachten zurück an eine Wohnung, in der er mit seiner Familie gelebt hat. Er selbst hatte die Wohnung im Stil der 1950-er Jahre nachgebaut und sie seiner Mutter gezeigt.

Bernhard Paul / © Rolf Vennenbernd (dpa)
Bernhard Paul / © Rolf Vennenbernd ( dpa )

Bernhard Paul (75), Direktor des "Circus Roncalli", hat ein Leben lang um die Anerkennung seiner Mutter gekämpft und dafür auch ein ungewöhnliches Projekt realisiert. Nachdem der Vater gestorben sei, und sie nach einem Schlaganfall im Pflegeheim gelebt habe, wollte er ihr neuen Lebensmut geben, erzählte Paul der "Süddeutschen Zeitung" (Weihnachten). So habe er die alte Wohnung im österreichischen Wilhelmsburg bei Sankt Pölten gekauft und im Stil der 1950-er Jahre wieder eingerichtet.

Dort hatte die Familie gewohnt; doch die Mutter musste einer Gerichtsentscheidung zufolge ausziehen, als der Vater sich von ihr trennte.

Mühsames Sammeln

Mehr als 40 Jahre später sei es nicht einfach gewesen, das Vorhaben umzusetzen, räumte Paul ein. Bei Nachbarn und seinem Bruder sei er fündig geworden. "Da stand die alte Eckbank aus der Küche im Pferdestall als Futtertrog."

Auf dem Flohmarkt in Wien habe er zudem alte Ausgaben der von der Mutter wegen der Rezepte und Schnittmuster geliebten Zeitschrift "Frau und Mutter" gekauft und in die Bank gepackt. Das alte Geschirr und Besteck fand der leidenschaftliche Sammler eigenen Worten zufolge bei der Caritas.

Lob der Mutter

Die alten Walzen zum Anstreichen habe er sich beim Maler im Ort besorgt und die Wände dann exakt mit dem Muster verziert, "das die damals gehabt haben", erzählte Paul.

"Als ich meine Mutter aus dem Pflegeheim holte, um ihr die Wohnung zu zeigen, hat sie mich das erste Mal in meinem Leben gelobt. Mit 93 Jahren." So habe sie gesagt: "Berni, das macht dir keiner nach." Kurz danach sei die Mutter gestorben.

Eine andere Zeit

Die Wohnung gebe es nach wie vor und sehe immer noch so aus, erzählte Paul. "Ab und zu setze ich mich rein. Und dann höre ich alle reden, meinen Bruder, meine Mutter, meinen Vater. Und denke: Scheiße, keiner mehr da. Alle tot. Es ist das Gefühl eines Waisenkinds im hohen Alter. Wenn ich da reingehe, bin ich in einer anderen Zeit."

Das sei natürlich auch Vergangenheitsbewältigung. Auch er sei aus dieser Wohnung als Kind herausgerissen worden, um mit 13 Jahren aufs Internat nach Krems zu kommen. Nur Weihnachten sei er dann noch dort gewesen, so Paul.

Quelle:
KNA