Rom: Uni-Feierstunde an der "Sapienza" im Zeichen des Papstes - Rede wurde verlesen

Anwesend, wenn auch nicht leiblich

Ganz im Zeichen des abgesagten Papst-Besuchs hat die römische Universität "La Sapienza" am Donnerstag ihr akademisches Jahr eröffnet. "Was geschehen ist, ist für einen Demokraten nicht hinnehmbar", sagte Roms Bürgermeister Walter Veltroni laut italienischen Medienberichten unter Beifall in der traditionsreichen Hochschule. Rektor Renato Guarini sprach im Blick auf die Proteste der vergangenen Tage gegen Benedikt XVI. von "großer Bitterkeit". Nun sei Nachdenken über den Zustand der Universität nötig.

 (DR)

Die vorgesehene Rede des Papstes, die er nach dem Verzicht auf die Einladung schriftlich eingereicht hatte, wurde in der Aula der Sapienza von einem Vertreter des Rektorats verlesen. Die Anwesenden antworteten mit stehendem Applaus. Den Berichten zufolge kam es nicht zu besonderen Zwischenfällen. Lediglich hätten sich mehrere Dutzend Studierender den Mund mit Papiertaschentüchern verstopft und Schilder mit der Aufschrift "Freiheit in der Universität - ... und sie bewegt sich doch" hochgehalten. Im Umkreis des Campus fanden mehrere Kundgebungen statt, die sich vor allem gegen die italienische Hochschulpolitik richteten.

Rektor: Ideologische Verbote nicht hinnehmbar
Veltroni nannte den Vortragstext des Papstes einen "sehr offenen" Beitrag. Die Rede in der Sapienza hätte ein bedeutendes Ereignis des Pontifikats sein können. Benedikt XVI. verteidigt in dem Skript, das der Vatikan veröffentlichte, die Freiheit der Universität gegenüber politischen und kirchlichen Einflüssen. Auch Philosophie und Theologie könnten als "Hüter des Gespürs für die Wahrheit" nur zu einer permanenten Wahrheitssuche anspornen. Zugleich warnte der Papst davor, dass der Mensch angesichts seines Wissens und Könnens vor der Wahrheitsfrage kapituliere.

Der Rektor der Universität betonte, ideologische Verbote gleich welcher Art seien nicht hinnehmbar: "Alle müssen Raum und Respekt haben, welcher Meinung sie auch immer sind." Er hoffe, dass Benedikt XVI. zu einer späteren Gelegenheit an die Sapienza kommen werde. Das Diskussionsniveau an der Hochschule müsse hoch gehalten werden, so der Rektor laut den Berichten.

Die Absage der Rede ist ein für Italien bislang einmaliger Vorgang. Vorausgegangen waren tagelange Proteste von Studentengruppen, aber auch von 67 Dozenten der größten römischen Universität. Sie sahen durch die Teilnahme des Papstes die Trennung von Staat und Kirche und die Freiheit der Forschung gefährdet. Zudem werfen sie Benedikt XVI. vor, in einem Vortrag 1990 den kirchlichen Prozess gegen Galileo Galilei gebilligt zu haben.

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