Richter Neil Gorsuch für den Supreme Court nominiert

Trumps konservativer Kandidat

Trump hat den 49-jährigen Neil Gorsuch für den Obersten Gerichtshof der USA nominiert. Doch dem Bundesrichter aus Denver droht dieselbe Behandlung wie zuvor bereits Obamas gescheitertem Kandidaten Merrick B. Garland.

Autor/in:
Bernd Tenhage
Donald Trump (l.) und Neil Gorsuch / © Carolyn Kaster (dpa)
Donald Trump (l.) und Neil Gorsuch / © Carolyn Kaster ( dpa )

US-Präsident Donald Trump rollte dem jüngsten Kandidaten für den Supreme Court seit einem Vierteljahrhundert im East Room des Weißen Hauses den roten Teppich aus. Ein Novum. Nie zuvor kündigte ein Präsident seinen Kandidaten für den Obersten US-Gerichtshof live und zur besten Sendezeit im Abendfernsehen an.

Er habe mit Neil Gorsuch den "besten" Erben Antonin Scalias weit und breit ausgewählt, der wie dieser die Verfassung wörtlich auslege, und für konservative Prinzipien einstehe. "Sein außergewöhnlicher Lebenslauf könnte besser nicht sein", lobte Trump den früh ergrauten Kandidaten, der Halt bei seiner Frau Marie Louise suchte.

Studium an Eliteschulen

Trumps Mann fürs Verfassungsgericht hat in der Tat eine beeindruckende Karriere vorzuweisen. Er studierte gleich an drei internationalen Eliteschulen: der Columbia Universität in New York, der Harvard Law School und der britischen Elite-Hochschule Oxford.

Seine Referendarszeit verbrachte der Jahrgangskollege Obamas in Cambridge bei zwei Verfassungsrichtern. Einer der beiden, Anthony Kennedy, sitzt mit heute 80 Jahren noch immer auf der Richterbank des Supreme Court. George W. Bush berief Gorsuch im Jahr 2006 zum Bundesrichter in Denver, wo er sich einen Namen machte.

Die Expertise für das Amt wird dem bescheiden auftretenden Mann mit der sanften Stimme kaum jemand absprechen. Vom Typ her ist er das Gegenteil des US-Präsidenten. Nachdem Gorsuch Trump für das Vertrauen gedankt hatte, versprach er, "alles in meinen Kräften Stehende zu tun, ein treuer Diener der Verfassung und der Gesetze dieses großartigen Landes zu sein".

Neue Rechtssprechung zu Abtreibungen?

Nach seiner Lesart heißt das, diese wie Scalia möglichst nah am Text der Verfassungsväter auszulegen. Ein wichtiger Punkt für Konservative, die darüber hinaus die Hoffnung hegen, Gorsuch könne sie ihrem Traum einen Schritt näher bringen, das grundlegende Abtreibungsurteil "Roe gegen Wade" von 1973 zu kippen, laut dem Abtreibungen bis zur Lebensfähigkeit des Embryos zulässig sind.

Dabei weiß niemand genau, wie der Kandidat sich bei diesem Thema verhalten wird, da er bisher keinen Abtreibungsfall zu entscheiden hatte. Er gilt jedoch als Verteidiger der Religionsfreiheit - so gab er etwa zwei Klägern Recht, die sich aus religiösen Gründen gegen die unter Ex-Präsident Barack Obama angeordnete Abgabe von Verhütungsmitteln gewandt hatten. In den Urteilen argumentierte Gorsuch, die Regierung dürfe jene, die "ernsthafte religiöse Überzeugungen haben", nicht zwingen, etwas zu tun, "das ihre Religion als grundlegend falsch betrachtet". Der 49-Jährige ist zudem Autor eines kritischen Buchs zum Thema Sterbehilfe.

Kenner Gorsuchs sehen den Absolventen der jesuitischen Georgetown Preparation School vor den Toren Washingtons in Einklang mit den katholischen Bischöfen der USA - obwohl er selbst kein Katholik ist.

Gleichverteilung am Verfassungsgericht

Trotz des bescheidenen Auftretens und einer durchaus gewinnenden Art droht dem Kandidaten de Präsidenten dasselbe Schicksal wie zuvor bereits Merrick B. Garland. Der von Obama nominierte Bundesrichter erhielt über ein Jahr lang nicht einmal eine Anhörung im Senat, der Kandidaten für das Verfassungsgericht bestätigen muss.

Da die Republikaner im US-Senat eine Mehrheit von 52 zu 48 Stimmen haben, für die Bestätigung eines Verfassungsrichters jedoch 60 Stimmen benötigt werden, erwarten Beobachter ein langes Ringen. Der Minderheitenführer im Senat, Chuck Schumer, drohte schon im Vorfeld, eine Bestätigung zu blockieren. Bereits am Dienstagabend demonstrierten Hunderte Menschen vor dem Verfassungsgericht gegen Gorsuchs Nominierung.

Seit dem Tod Scalias im Februar 2016 halten sich jeweils vier konservative und liberale Richter die Waage am Verfassungsgericht.

Mit einem weiteren Konservativen auf der Richterbank würden sich die Aussichten bei einigen Themen verbessern - nicht jedoch, wenn es um Abtreibung geht. So lange der konservative Richter Anthony Kennedy an Bord ist, dürfte er seiner Tradition treu bleiben, sich mit den vier liberalen Kollegen für eine Aufrechterhaltung von "Roe gegen Wade" einzusetzen. Selbst eine Bestätigung Gorsuchs würde somit wenig ändern.


Quelle:
KNA