Starregisseur Scorsese macht US-Jesuit Martin zum Vorbild

Respekt vom Papst

Mit der Verfilmung des Buchs "Building a Bridge" macht Starregisseur Martin Scorsese den Autor James Martin zu einem Vorbild. Der Jesuit sieht sich als Brückenbauer, erfährt aber bei konservativen US-Bischöfen Ablehnung.

Autor/in:
Thomas Spang
Jesuit James Martin / © Francesco Pistilli (KNA)
Jesuit James Martin / © Francesco Pistilli ( KNA )

Die Kamera schwenkt über Fotos mit Köpfen; aus dem Off spricht James Martin: Es sind die Porträts von Opfern der mit 49 Toten größten Schießattacke gegen Schwule, Lesben und Transgender in der US-Geschichte. Er sei schockiert gewesen über "die Distanziertheit der katholischen Kirche" nach dem Anschlag auf den "Pulse"-Nachtclub in Orlando 2016, erinnert sich der Jesuit Martin in dem Film "Building a Bridge" von Regisseur Martin Scorsese, der Mitte Juni Premiere beim "Tribeca Film Festival" in New York feierte.

"Building a Bridge"

Gerade mal eine Handvoll Bischöfe hätten überhaupt reagiert, sagt Martin, der 2017 einen Bestseller mit demselben Titel veröffentlichte. Diese "laue Reaktion" habe ihm zu denken gegeben. Für den Chefredakteur der Jesuiten-Zeitschrift "America" ist der "Pulse"-Anschlag ein Schlüsselerlebnis. "Diese Menschen sind selbst im Tod für die Kirche unsichtbar."

Die Scorsese-Doku verleiht dem Thema "Kirche und LGBTQs" zusätzliche Beachtung. Die Ikone des zeitgenössischen US-Films erfuhr von dem Projekt der jungen Regisseure Evan Mascagni und Shannon Post und erklärte sich bereit zu helfen. Für Scorsese ist das Verhältnis zur Kirche selbst ein Lebensthema. Der Katholik, der einst Priester werden wollte, löste 1983 mit dem Film "Die letzte Versuchung Christi" Proteststürme unter Gläubigen aus.

Auch mit "Building a Bridge" provoziert der Regisseur die mehrheitlich konservative US-Kirche. Der Tenor entspricht nicht der offiziellen Lehre, die gepredigt wird und womöglich der Grund für die von Martin beklagte Indifferenz der Bischöfe nach dem "Pulse"-Massaker ist.

Kirche und LGBTQs

In dem Film wird der 60-jährige Priester als jemand vorgestellt, der Respekt für Menschen zeigt, die sich als "queer" bezeichnen. Er kennt aus vielen persönlichen Begegnungen die oft verzweifelte Lebensrealität der Angehörigen sexueller Minderheiten. Er sieht die Aufgabe der Kirche darin, den Betroffenen die Hand zu reichen. "Wie Jesus es von uns verlangt, mit Liebe und Barmherzigkeit."

In der zweiten Auflage seines Buches revidierte er seine These, dass beide - LGBTQs und die Kirche - aufeinander zugehen sollten. Das war von vielen Schwulen und Lesben kritisiert worden. Jetzt zeigt sich der Jesuit überzeugt, dass die Kirche eine größere Strecke auf dem Weg zur Annäherung zurücklegen muss. Denn sie habe Anteil daran, dass LGBTQs an den Rand gedrückt werden.

Respektiert von Papst Franziskus

Bestärkt fühlt er sich durch den Respekt, den ihm Papst Franziskus für seine Arbeit entgegenbringt, gerade erst wieder zur Filmpremiere. Der Papst dankte Martin in einer persönlichen, handgeschriebenen Botschaft für sein Engagement. Dazu gehört auch ein Webinar, das sich an die Minderheit richtete und an dem mehr als 1.000 Menschen teilnahmen.

Ohne die katholische LGBTQ-Gemeinschaft namentlich zu erwähnen, lobt Franziskus den unter US-Bischöfen umstrittenen Jesuiten für seinen "pastoralen Eifer". "Sie sind ein Priester für alle. Ich bete für Sie, dass Sie diesen Weg fortsetzen."

Berater im Vatikan

Bereits 2017 hatte ihn Franziskus wegen seines Einsatzes für LGBTQ-Katholiken zum Berater im Vatikan berufen. Auch einige US-Bischöfe zeigen sich offen für sein Ziel, die Kirche stärker für Schwule und Lesben zu öffnen. Zu diesen Befürwortern gehört etwa der Bischof von Lexington in Kentucky, John Stowe. Dagegen hält der texanische Bischof Joseph E. Strickland die Seelsorger in seiner Diözese dazu an, Angehörige sexueller Minderheiten, die nicht keusch leben, als Sünder zu behandeln.

Ohne Namen zu nennen, geht Martin mit seinen Kritikern ins Gericht. Einige seien schlicht "homophob und einfach nur gemein". Mit Theologie habe das wenig zu tun. "Es ist wie Mobbing auf dem Schulhof." Die Sprache in der Kirche in Bezug auf transsexuelle Menschen sei wirklich "schrecklich."

Das dokumentiert "Building a Bridge" eindringlich. Der Film lässt den Gründer der ultrakonservativen, LGBTQ-feindlichen Organisation "Church Militant", Michael Voris, zu Wort kommen. Obwohl er sich dazu bekennt, früher selbst schwul gewesen zu sein, zeigt er wenig Verständnis für die Minderheit. Voris' Organisation übt Druck auf Pfarreien aus, die dann Martins Vorträge absagen. Er habe es nicht glauben wollen, so Regisseur Mascagni, als er von dem Einfluss von "Church Militant" erfuhr. "Die katholische Kirche hat da noch einen langen Weg vor sich."


US-Regisseur Martin Scorsese / © Joel C Ryan/Invision/AP (dpa)
US-Regisseur Martin Scorsese / © Joel C Ryan/Invision/AP ( dpa )
Quelle:
KNA