Reportage über ein Altenheim für Missionare

Die letzte große Reise

Eine ungewöhnliche Gemeinschaft ist da im Seniorenheim der Steyler Mission Sankt Wendel im Bistum Trier zusammengekommen: 60 umfassend gebildete und weit gereiste Ordensbrüder - alle ehemalige Missionare und hochbetagt - verbringen hier ihren Lebensabend. Und stehen im Mittelpunkt der Reportage "Glaube. Liebe. Fernweh - Im Altenheim für Missionare", die die ARD am Sonntag um 17.30 Uhr ausstrahlt.

Autor/in:
Heide-Marie Göbbel
 (DR)

Die Sehnsucht der Bewohner gilt den Wahlheimaten, etwa Neu Guinea, Indonesien, Brasilien oder dem Kongo. Viele von ihnen fühlten sich noch immer dort zu Hause, wo sie über Jahrzehnte missionierten und Entwicklungshilfe leisteten, erzählen die Autoren. Doch Altersbeschwerden, Krebs oder Schlaganfälle brachten sie zurück nach Deutschland, und damit nach St. Wendel, dem größten Altenheim seiner Art.

«Mit den Missionsländern ist es wie mit der Liebe», bestätigt Bruder Stephan, der Leiter des Seniorenheims: «Das Erste prägt sich besonders ein, dort zieht es einen immer wieder hin.» Im traditionsreichen Steyler Missionshaus mit eigener Alten- und Pflegeabteilung haben sie zumindest die Möglichkeit zum Austausch mit anderen Missionaren und finden fachliche Pflege und Hilfe.

Auch Pater Johannes Dapper (79) weiß das große Haus zu schätzen. Fast ein halbes Jahrhundert arbeitete er in Papua/Neuguinea als Missionar, erzählen Bierach und Striegel. Dapper erzählt nicht nur von positiven Erlebnissen: Ernüchternd etwa der Besuch auf den Friedhöfen der Missionare. Viele waren am Schwarzwasserfieber gestorben. «Wirkungszeit ein, zwei Jahre. Pffft. Weg», meint er lakonisch. «Die Missionsbestimmung nach Neuguinea zu kriegen, war ein kleines Todesurteil.»

Pater Alois Schön (80) verbrachte 40 Jahre im Kongo und erinnert sich gern daran. Dort seien die Leute zufrieden, auch mit leerem Bauch. In Deutschland habe der eine ein Auto, der andere weiß Gott was, und sei doch unzufrieden. Sein Mitbruder Albert Wagenpfeil bewertet die Zeit im Seniorenheim als wichtigen Lebensabschnitt. Hier komme das Menschliche zum Tragen, das man vielleicht früher in der Schnelligkeit und dem Lärm des Alltags übersehen habe. Man erfahre eine neue Qualität des Mitleidens und -fühlens.

Die Rentnerin und ehemalige Postbeamtin Inge Heil zog es schon immer ins Kloster. Sie kümmert sich ehrenamtlich um die Wäsche der Missionare. Letztendlich habe Gott sie doch ins Kloster geführt, zu den Kranken und in den sozialen Dienst, erzählt sie. Vielleicht, so hofft sie, habe sie dem einen oder anderen Missionar auch ein bisschen etwas mitgeben können.

Für die meisten der Ordensleute sei der Einzug ins Altenheim nach einem ereignisreichen, oft abenteuerlichen Leben wie eine letzte große Reise, erzählen die Autoren in ihrer ungewöhnlichen Dokumentation. Was den Hochbetagten im Alter bleibe, sei das immer deutlicher werdende Fernweh und die Sehnsucht nach der Mission, ihrer «großen Liebe». Gegen Ende des halbstündigen Films möchte der Zuschauer mehr über das Leben der einzelnen Ordensbrüder erfahren.
Jeder von ihnen könnte mit seiner Lebensgeschichte mühelos ein Buch füllen.

Hinweis: «Gott und die Welt: Glaube. Liebe. Fernweh» - Im Altenheim für Missionare". Dokumentation von Jörg-Peter Bierach und Norman Striegel. ARD, So 17.1., 17.30 - 18.00 Uhr.