Renovabis zum neu gewählten rumänischen Präsidenten

"Johannis tut der Ökumene gut"

Klaus Johannis hat überraschend die rumänische Präsidentschaftswahl gewonnen. Pater Stefan Dartmann, er ist Hauptgeschäftsführer des katholischen Hilfswerkes Renovabis, das sich besonders in Osteuropa engagiert, im domradio.de-Interview.

Klaus Johannis, neuer rumänischer Präsident (dpa)
Klaus Johannis, neuer rumänischer Präsident / ( dpa )

domradio.de: Klaus Johannis gehört der deutschsprachigen Minderheit der Siebenbürger Sachsen an, was seine Gegner im Wahlkampf gegen ihn ausgelegt hatten. Nach der Wahl sprechen jetzt Viele von einer Sensation, zumindest aber von einer Überraschung. Wie erklären Sie sich das Wahlergebnis?

Dartmann: Eine Überraschung ist es. Die letzten Voraussagen hatten ja auch anderes gesagt. Aber ich glaube, es ist ein schönes Zeichen einer unabhängigen Wählerschaft, die sich ihr Urteil gebildet hat über eine in der Tat desaströse Regierung unter Victor Ponta. Das ist ein Neubeginn, ein Zeichen, wir wollen Integrität, wir wollen jemanden, der gegen Korruption steht, der für eine ehrliche Politik steht.

domradio.de: Die Korruption war ja auch Hauptthema im Wahlkampf. Wird Johannis tatsächlich in der Lage sein, dagegen vorzugehen und ist er persönlich tatsächlich auch so unbelastet?

Dartmann: Also persönlich ist er sicher unbelastet. Ich habe nichts anderes gehört, obwohl es Schmutzkampagnen seitens seiner Gegner gegeben hat. Aber die waren sehr durchsichtig. Er stammt aus Hermannstadt, also Sibiu - im Jahre 2000 trat er dort das erste Mal als Bürgermeisteramtskandidat an. Er ist jemand, der bewiesen hat, wofür er steht und dessen Erfolge man buchstäblich in der Stadt sehen kann. Es ist eine schöne Stadt und eine Stadt in gutem Zustand. Er bringt viel mit, aber natürlich sind die Herausforderungen einer großen Politik auf Landesebene nochmal andere. 

domradio.de: Sie haben es gerade schon angesprochen. Er hat seine Heimatstadt Hermannstadt auf Vordermann gebracht. Renovabis unterhält auch einige Projekte in dieser Region. Vielleicht können Sie noch etwas mehr Ihren Eindruck von ihm als Bürgermeister schildern.

Dartmann: Was man sehen kann, was man hören kann, wenn man durch die Stadt geht, ist schon viel. Es fing mit dem Müll an, der verschwand als er ins Amt kam. Die Korruption in der Stadtverwaltung verschwand. Johannis, der selber noch in einem Unternehmerverband aktiv ist, hat es geschafft, Investitionen in die Stadt zu bringen. 2007 war Sibiu in mehrfacher Hinsicht im Fokus. Es war die europäische Kulturhauptstadt, es war der Ort - kirchlich wichtig - der ökumenischen Versammlung. Alles das hat wesentlich damit zu tun, dass er diese Stadt attraktiv und verlässlich gemacht hat.

domradio.de: Johannis wird ja "der Deutsche" genannt. Seine Befürworter verbinden das ein bisschen klischeehaft mit den Eigenschaften tüchtig, verlässlich und organisiert. Die Kritiker werfen ihm vor, gar kein echter Rumäne zu sein. Auch die orthodoxe Kirche hat Vorbehalte gegen ihn. Warum denn?

Dartmann: Erstmal muss man feststellen, dass ein Land wie Rumänien ja doch etwas heterogener in der Zusammensetzung ist, was die ethnischen Gruppen angeht, als das vielleicht mancher reiner Nationalist sehen möchte. Es gibt eben neben den Rumänen, die ungefähr 90 Prozent ausmachen, noch die Ungarn mit fast sieben Prozent. Es gibt zweieinhalb Prozent Roma und wir rechnen auch mit etwa 1,5 Prozent anderen Ethnien, darunter die Deutschen, aber die sind heute eigentlich eine verschwindende Minderheit. Ich glaube, die Vorbehalte kommen aus etwas, das Teil der Propaganda war: Wie könnt Ihr Rumänen jemanden wählen, der zwar mit einer Rumänin verheiratet ist - das wissen alle - aber der doch eigentlich kein Rumäne ist. Aber die Siebenbürger Sachsen sagen, natürlich sind wir Rumänen. Wir gehören zum Land, wir haben das Land mit geprägt und wir nehmen selbstverständlich in Anspruch, dazuzugehören. Es ist schön, dass das auch von den Menschen so gesehen wird, dass sie eben nicht auf eine rein nationalistische Propaganda hereinfallen.

domradio.de: Johannis ist selber evangelischer Christ und war auch schon auf einem der Kongresse von Renovabis. Wie verbindend kann er auf das Miteinander der Religionen und Konfessionen in Rumänien zukünftig einwirken?

Dartmann: Gerade als evangelischer Christ kann er, glaub ich, eine Brücke bauen. Denn die evangelische Kirche ist gegenüber der katholischen Kirche noch relativ stärker. Zur rumänischen katholischen Kirche gehören ungefähr fünf Prozent, während die Protestanten ungefähr 7,5 Prozent sind. Er gehört zu einer etwas größeren Konfession, aber er kann damit auch zeigen, dass rumänisch nicht nur orthodox bedeutet. Das wiederum ist für die fast fünf Prozent Katholiken auch wichtig, zu sehen, dass auch sie nicht nur halbe Rumänen sind. Vor allem die Angehörigen der griechisch-katholischen Minderheit sind "richtige" Rumänen, das sind weder Ungarn noch Deutschstämmige, sondern Rumänen. Es ist wichtig, dass denen das Rumäne-Sein nicht aberkannt wird. Ich glaube, Johannis steht für eine Ökumene, deswegen ja auch dieser ökumenische Kongress 2007, und das tut uns allen gut.

Das Gespräch führte Susanna Gutknecht. Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Weder domradio.de noch das Erzbistum Köln machen sich Äußerungen der Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen zu eigen.


Quelle:
DR