Religionsvertreter wollen G-8 zum Kampf gegen weltweite Armut auffordern

G8-Staatschefs als "moralische Avantgarde"?

Vor Beginn des G-8-Gipfels in Heiligendamm haben Kirchenvertreter zur stärkeren Bekämpfung der weltweiten Armut aufgerufen. Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, kritisierte am Dienstag, die Regierungen der G-8-Staaten hätten ihre Ziele zur Armutsbekämpfung und Gesundheitsversorgung noch lange nicht erreicht. "Der Gipfel hat nur einen Sinn, wenn er Avantgarde ist im moralischen Sinn", mahnte der Kardinal. Der Misereor-Bischof und Hamburger Erzbischof Thissen fordert die Demonstranten zu gewaltfreiem Protesten auf.

 (DR)

Lehmann  forderte im Deutschlandradio Kultur, vom G-8-Gipfel müsse ein neuer Schwung ausgehen. Es sei Zeit, eine Halbzeitbilanz zu ziehen und zu klären, ob überhaupt eine Chance bestehe, die im Jahr 2000 verabredeten Millenniumsziele noch bis zum Jahr 2015 zu erreichen. Zu den Millenniumszielen zählt unter anderem die Halbierung der Zahl der absolut Armen um die Hälfte.

Kirchentagspräsident Reinhard Höppner unterstrich die Bedeutung des am Mittwoch beginnenden Deutschen Evangelischen Kirchentags als Dialogforum für Themen der Globalisierung. Kirchentagspräsident Höppner sagte bei einem Kongress in Wuppertal, anders als beim G-8-Gipfel, "auf dem acht Menschen denken, sie wüssten, was für die Erde gut ist", würden auf dem Kirchentag die Stimmen von Betroffenen aus 28 Ländern miteinbezogen. "Der Dialog über die Zusammenhänge der Globalisierung muss eine neue Qualität erreichen", forderte Höppner.

Der Kongress und der Kirchentag wollten von der rein ökonomischen Sichtweise wegführen und klar machen, dass Globalisierung nur dann sinnvoll sei, wenn sie dem Menschen diene, so Höppner. Das Ziel des Kongresses "Die Macht der Würde" mit rund 130 Teilnehmern aus 28 Ländern bestehe in der Schaffung eines internationalen Netzwerks zur Gestaltung der Globalisierung.

Treffen in Köln
Unterdessen nahmen führende Religionsvertreter aus den G-8-Staaten und Afrika am Dienstag in Köln Beratungen über eine Botschaft an den G-8-Gipfel auf. An dem zweitägigen Treffen am Rande des Kirchentages nehmen rund 50 Repräsentanten von christlichen Kirchen, des Islam, des Judentums sowie anderer Religionsgemeinschaften teil. Dazu eingeladen hatte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber.

Geplant ist nach EKD-Angaben eine Schlusserklärung an die Staats- und Regierungschefs, die an dem G-8-Treffen in Heiligendamm teilnehmen. Darin wollen die Kirchenführer für eine "gerechte Teilhabe" werben. Die Regierungschefs sollen aufgerufen werden, die "Ketten der Armut aufzubrechen".

Der hessen-nassauische Kirchenpräsident Peter Steinacker stellte derweil klar, dass das geplante Glockenläuten zu Beginn des G-8-Gipfels in Heiligendamm keine Kritik am Gipfel sei. Mit der Aktion wollten die Kirchen vielmehr "den Gipfel geistlich im Gebet begleiten", erklärte Steinacker in Darmstadt. Die bundesweite Aktion wurde vom Evangelischen Entwicklungsdienst und der Aktion "Brot für die Welt" angeregt. Sie steht unter dem Motto "8 Minuten für Gerechtigkeit".

Die Staats- und Regierungschefs der G-8-Länder sollten sich bewusst sein, "wie sehr unsere Zukunft und die unserer Kinder" von einer verantwortungsvollen Klimapolitik abhängt, sagte der bayerische evangelische Landesbischof Johannes Friedrich dem epd. Er erwarte auch vom Kirchentag in Köln Ergebnisse für den Klimaschutz.