Religionspädagoge Khorchide betont jüdische Wurzeln des Islam

Fronten zwischen Juden und Muslimen sind stark verhärtet

Der Münsteraner Islamtheologe Mouhanad Khorchide ruft Muslime auf, ihre jüdischen Wurzeln neu zu entdecken. Ein großes Problem dabei bleibt jedoch der weiterhin ungelöste Nahostkonflikt, der häufig ein Grund für Antisemitismus ist.

Autor/in:
Judith Kubitscheck
Mekka: Muslimische Pilger umrunden die Kaaba, das heiligste Heiligtum des Islam, in der Großen Moschee in der heiligen Stadt Mekka während der Hadsch-Pilgerfahrt / © Saudi Press Agency (dpa)
Mekka: Muslimische Pilger umrunden die Kaaba, das heiligste Heiligtum des Islam, in der Großen Moschee in der heiligen Stadt Mekka während der Hadsch-Pilgerfahrt / © Saudi Press Agency ( dpa )

Der Leiter des Zentrums für Islamische Theologie an der Universität Münster, Mouhanad Khorchide, hat sich dafür ausgesprochen, dass Muslime sich auf ihre jüdischen Wurzeln zurückbesinnen. "Im Judentum liegen die Wurzeln des Islam", sagte er im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Gerade jetzt, wo die Fronten zwischen Juden und Muslimen so stark verhärtet seien und es seit dem 7. Oktober 2023 zu einem massiven Anstieg des Antisemitismus unter Muslimen gekommen sei, benötige es dringend lösungsorientierte Ansätze und eine pro-jüdische Lesart des Korans, so der Autor des Buches "Ohne Judentum kein Islam". Es erscheint am Montag (14. Juli) im Freiburger Herder-Verlag.

Viele Ähnlichkeiten

Lese man den Koran in chronologischer Reihenfolge, stelle man schnell fest, dass Mohammed sich intensiv auf jüdische Erzählungen und auf Mose selbst berief, um seine eigene prophetische Mission zu legitimieren. "Es wundert daher nicht, dass Mose die im Koran am häufigsten erwähnte Figur ist." Ohne diese bewusste Anknüpfung an das Judentum sei es Mohammed kaum möglich gewesen, sich in die Reihe der monotheistischen Propheten einzureihen, sagte der Professor für Islamische Religionspädagogik. Man dürfe außerdem nicht vergessen, dass Muslime über viele Jahre hinweg in Richtung Jerusalem beteten und sich unter anderem auch jüdische Speisevorschriften aneigneten.

Der Islam, wie er heute in vielen muslimischen Kreisen vermittelt werde, würde allerdings oft antijüdisch gelesen. "In Moscheepredigten wird oft nicht klar zwischen der Politik der israelischen Regierung und dem Judentum unterschieden." Zudem sei der sogenannte religiös begründete Exklusivismus in der islamischen Theologie weitverbreitet: Es werde vermittelt, der Islam sei die einzig wahre Religion, während Christentum und Judentum als überholt oder falsch gelten. "Das verstärkt Ressentiments gegenüber Andersgläubigen."

Dem gelte es, entschieden entgegenzuwirken. Doch das allein genüge nicht, es brauche aktiv pro-jüdische islamische Gegennarrative. Zudem sei das Problem nicht nur religiöser Natur: "Solange der Nahostkonflikt ungelöst bleibt, wird er weiterhin ein fruchtbarer Boden für islamisch legitimierten Antisemitismus sein", sagte Khorchide. 

Weltweit 15,2 Millionen Juden

Weltweit ist die jüdische Bevölkerung im abgelaufenen jüdischen Jahr um 100.000 auf 15,2 Millionen Menschen gewachsen. In Israel leben davon rund 6,9 Millionen, wie aus Zahlen hervorgeht, die die staatliche israelische Einwanderungsorganisation Jewish Agency for Israel am Sonntag veröffentlichte. Das jüdische Jahr 5782 beginnt mit dem Neujahrsfest "Rosch Haschana" am Montagabend (6. September 2021).

Kippot/Symbolbild Judentum / © Karolis Kavolelis (shutterstock)
Kippot/Symbolbild Judentum / © Karolis Kavolelis ( shutterstock )
Quelle:
epd