Religiöse Untertöne begleiten Anti-Regierungs-Proteste in Serbien

Nebelkerzen?

In Serbien werden die anhaltenden Studentenproteste erstmals von religiösen Untertönen begleitet. Demonstranten in der Stadt Novi Pazar werfen den Regierenden vor, Aversionen gegen die dortige muslimische Bevölkerung zu schüren.

Novi Pazar: Studenten versammeln sich zu einer Anti-Korruptions-Demonstration / © Marko Drobnjakovic (dpa)
Novi Pazar: Studenten versammeln sich zu einer Anti-Korruptions-Demonstration / © Marko Drobnjakovic ( dpa )

Dies sei Teil der Strategie von Präsident Aleksandar Vucic, der von der aktuellen politischen Krise ablenken wolle.

Aleksandar Vucic, Präsident von Serbien / © Darko Vojinovic (dpa)
Aleksandar Vucic, Präsident von Serbien / © Darko Vojinovic ( dpa )

Regierungsnahe Boulevardmedien bezeichneten die protestierenden ethnischen Bosniaken von Novi Pazar laut Zeitungen als Islamisten, Extremisten und Dschihadisten. Damit zielten sie auf eine Spaltung zwischen ethnischen Serben und Bosniaken. Mehrere Politikwissenschaftler widersprechen aber der Annahme, die Demonstranten könnten von religiösen Motiven geleitet sein.

Staatsoberhaupt Vucic selbst sprach in einem Interview von "anti-serbischen" Kräften.

"Narrativ der Vergangenheit"

Die Studenten werfen den Verantwortlichen laut Radio Slobodna Evropa (Radio Free Europe) vor, ein Narrativ der "Vergangenheit" wiederzubeleben. Ziel sei, die tatsächlichen Umstände der jüngsten Proteste zu verschleiern. Dem Portal zufolge lösten Maskierte in der Nacht zum Montag gewaltsam eine Blockade der Staatlichen Universität Novi Pazar auf. Nach der Vertreibung der Studenten sei es zu Zusammenstößen mit der Polizei und Verhaftungen gekommen.

Eine Frau hebt einen roten Handschuh, der Blut symbolisiert, um gegen den Tod von 15 Menschen zu protestieren, die beim Einsturz eines Bahnhofsvordachs ums Leben kamen. / © Darko Vojinovic (dpa)
Eine Frau hebt einen roten Handschuh, der Blut symbolisiert, um gegen den Tod von 15 Menschen zu protestieren, die beim Einsturz eines Bahnhofsvordachs ums Leben kamen. / © Darko Vojinovic ( dpa )

Seit acht Monaten blockieren Studenten in Serbien Fakultäten und organisieren immer wieder Massendemos. Als Auslöser gilt das Bahnhofsunglück von Novi Sad, bei dem im November 16 Menschen unter einem einstürzenden Vordach starben. Als Ursachen gelten Schlamperei und Korruption. Während die Regierungsgegner zunächst gegen Korruption und für Rechtsstaatlichkeit eintraten, fordern sie seit kurzem auch Neuwahlen. Laut Vucic werden die nächsten Parlamentswahlen frühestens 2026 abgehalten.

Quelle:
KNA