Regensburger Bischof legt neues Buch über Dietrich Bonhoeffer vor

"Junger Mann mit klarer Sicht und eindeutigem Urteil"

Der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller, der über "Bonhoeffers Theologie der Sakramente" promoviert hat, ist einer der profundesten Kenner des evangelischen Pfarrers und NS-Widerstandkämpfers. Nun hat Müller ein Buch über Dietrich Bonhoeffer vorgestellt.

Autor/in:
Holger Stiegler
 (DR)

Zu dem Thema kam der Theologiestudent Gerhard Ludwig Müller Anfang der 1970er Jahren nicht ganz freiwillig. Von seinem Doktorvater Karl Lehmann habe er sich «mehr oder weniger breitschlagen» lassen, sich näher mit dem Leben und der Theologie Dietrich Bonhoeffers zu befassen.  

Sein neues Buch «Dietrich Bonhoeffer begegnen» stellte Müller am Dienstagabend in der oberpfälzischen KZ-Gedenkstätte Flossenbürg vor. Gedacht ist es für all jene Leser, die sich für Zeitgeschichte interessieren und sich mit theologischen Themen auseinandersetzen wollen. «Es gilt, Leben und Werk Bonhoeffers nicht nur in der akademischen Welt präsent zu halten, sondern auch einer breiten Öffentlichkeit bekanntzumachen», betont der Bischof.

Mutmaßlich Hitlers persönlicher Befehl
Der Ort für die Präsentation ist symbolträchtig. Im Konzentrationslager Flossenbürg wurde Bonhoeffer vor fast genau 65 Jahren, am 9. April 1945, auf mutmaßlich persönlichen Befehl Adolf Hitlers nach einem Scheingerichtsverfahren ermordet. Des Theologen konsequente Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus ist deswegen eine Quelle, aus der sich das 160-seitige Buch Müllers speist.

«Er hat schon früh das Gift erkannt, während sich andere von der Propaganda blenden ließen.» Im 1. Kapitel seines Buches beschreibt der Bischof unter der Überschrift «Theologe, Christ im Widerstand, Blutzeuge» den evangelischen Kirchenmann als jungen Menschen mit klarer Sicht und eindeutigem Urteil über die Vorgänge während der NS-Zeit und auch schon davor.
"Unglaubliches Wagnis"
Bedeutsam sei unter anderem eine Radioansprache Bonhoeffers zwei Tage nach der «Machtergreifung» Hitlers. «Aus dem Führer wird der Verführer, der selbst sich zum Gott erhebt - so könnte man seinen Kommentar zur Machtergreifung zusammenfassen. Ein unglaubliches Wagnis», schreibt Müller. Das Verantwortungsgefühl Bonhoeffers - «Ich werde kein Recht haben, an der Wiederherstellung des christlichen Lebens nach dem Kriege in Deutschland mitzuwirken, wenn ich nicht die Prüfungen dieser Zeit mit meinem Volke teile» - habe ihm auch den Weg in den Widerstand geleitet.

Bonhoeffer als «Blutzeuge des Glaubens» ist die eine Facette, die Müller den Lesern nahe bringen will. Als katholischer Bischof wendet sich der Verfasser aber auch der ökumenischen Bedeutung Bonhoeffers zu. Wie stand dieser zur katholischen Kirche? Hat er sich für Fragen der Ökumene interessiert? Welche Rolle könnte Bonhoeffers Theologie bei der Annäherung der beiden großen Kirchen heutzutage spielen? «Er hat den ökumenischen Weg mit ganz qualifizierten Beiträgen begonnen», gibt Müller selbst die Antwort.

Auch für Nicht-Theologen verständlich
Einen ausführlichen, aber auch für Nicht-Theologen verständlichen Blick richtet der Bischof auf die Theologie Bonhoeffers: Sie reicht von dessen Einordnung der Heiligen Schrift im Leben des Menschen über die Christusanschauung und die Überlegungen zu Abendmahl und Eucharistie bis hin zur Bedeutung des Gebets.

Als «Einladung» will Müller sein Buch verstanden wissen - und zwar dazu, «sich intensiver mit einer der prägendsten Gestalten des 20. Jahrhunderts zu beschäftigen». Gelungen ist es ihm zweifellos darzustellen, dass Bonhoeffer nicht als eine Figur der Vergangenheit erscheint, sondern mit seinen Schriften und Reden auch in der Gegenwart aktuell ist.

Hinweis: Das Buch «Dietrich Bonhoeffer begegnen» ist in der Reihe «Zeugen des Glaubens» im Augsburger Sankt Ulrich Verlag erschienen und kostet 12,90 Euro.