Rede von Irans Präsident bei UN-Konferenz

Der erwartete Eklat

Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat am Montag mit scharfer Polemik gegen Israel für einen schweren Eklat bei der UN-Antirassismuskonferenz gesorgt. Kurz nach Beginn seiner Rede verließen die Vertreter der EU-Länder geschlossen den Genfer Tagungssaal.

 (DR)

Ahmadinedschad warf Israel "barbarische und rassistische Verbrechen" gegen die Palästinenser vor. Er nannte Israel nicht beim Namen, sondern sprach von einem Regime der "Zionisten".

Nach dem Zweiten Weltkrieg seien unter "dem Vorwand des Leidens des jüdischen Volkes" die Palästinenser aus ihrem eigenen Land gejagt worden. Ahmadinedschad wurde mehrfach von Sprechchören unterbrochen, erhielt aber auch demonstrativ Beifall. Ein Störer wurde von Wachmännern abgeführt. Der umstrittene Auftritt des iranischen Präsidenten ist einer der Gründe für den Boykott der Konferenz durch mehrere Staaten, darunter auch Deutschland. In früheren Äußerungen leugnete er den Holocaust und rief zur Vernichtung des jüdischen Staates auf.

Nach UN-Angaben sagten neun der 192 UN-Mitgliedsländer ihre Teilnahme ab, weil sie antisemitische Ausfälle und eine einseitige Verurteilung Israels befürchten. Neben Deutschland sind dies die USA, Kanada, Australien, Neuseeland, Israel, Italien, die Niederlande und Polen. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon kritisierte den Boykott.

In Berlin sagte Vize-Regierungssprecher Thomas Steg, Deutschland sei die erst am Sonntagabend beschlossene Absage nicht leicht gefallen. Man wolle aber keine Kulisse für Hasstiraden oder anti-israelische Ausfälle abgeben. Der Boykott sei auch mit Blick auf die deutsche Geschichte verantwortbar. Bei einem positiven Verlauf der Konferenz sei ein Wiedereinstieg nicht ausgeschlossen.

Die EU-Kommission kündigte an, als Beobachterin der Konferenz "auf jeglichen inakzeptablen Kommentar angemessen zu reagieren". Die EU werde keine Abschlusserklärung akzeptieren, die antisemitisch sei, Religionen diffamiere oder einzelne Länder oder Religionen angreife. Auch der Vatikan, der bei den UN Beobachterstatus hat, ist bei der Konferenz vertreten.

Ban Ki Moon appellierte an die boykottierenden Länder, ihre Entscheidung zu überdenken. "Sie sollten bei uns sein und mit uns sprechen", sagte Ban bei der Eröffnung der Konferenz. Ein Boykott helfe dem Kampf gegen Intoleranz nicht. "Keine Gesellschaft ist immun gegen den Rassismus, ob groß oder klein, ob reich oder arm", mahnte Ban Ki Moon. Dagegen dankte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu den boykottierenden Staaten.

Die Absage der Bundesregierung fand ein geteiltes Echo. Der Zentralrat der Juden in Deutschland begrüßte die Entscheidung als mutigen Schritt. Die Bundesregierung setze damit ein Zeichen gegen Rassismus und Antisemitismus, sagte Zentralratspräsidentin Charlotte Knobloch. Viel zu oft hätten Länder wie der Iran, Libyen und Kuba die Plattform der Vereinten Nationen für eigene "demokratiefeindliche Politik" nutzen dürfen.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch zeigte sich enttäuscht. "Der Kampf gegen Rassismus ist zu wichtig, als dass Deutschland sich von einer solchen Konferenz fernhalten sollte", sagte Marianne Heuwagen, Leiterin des Berliner Büros der Organisation, der "Frankfurter Rundschau" (Online-Dienst). Auch der stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Jürgen Trittin, kritisierte den Boykott. Es sei falsch, Ahmadinedschad und seinen Verbündeten das Feld zu überlassen. Der Islamwissenschaftler Michael Lüders sagte, der Westen nehme den Kampf gegen Rassismus nicht ernst genug.

Auch vor acht Jahren war es auf der Antirassismuskonferenz im südafrikanischen Durban zum Streit über den Nahostkonflikt gekommen. Israel und die USA hatten die Konferenz 2001 deshalb verlassen.

Die Genfer Konferenz dauert bis Freitag. Ziel ist es, Fortschritte und Rückschläge im Kampf gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung zu bilanzieren. Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, rief zu einem entschlossen Vorgehen auf.
Millionen Opfer von Rassismus und Intoleranz schauten auf Genf.

Unterdessen rief Israel seinen Botschafter in der Schweiz zu Konsultationen zurück. Damit protestiert das Land gegen ein Treffen des Schweizer Bundespräsidenten Hans-Rudolf Merz mit Ahmadinedschad am Sonntag. Dies sei eine gemeinsame Entscheidung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Außenminister Avigdor Lieberman, teilte das Außenministerium mit. Israel wollte sich am Abend auf den Gedenktag für die Opfer des Holocaust an diesem Dienstag einstimmen.