Reaktionen auf Rücktritt von Missbrauchsbeauftragten

Streitthema Akteneinsicht

Nach der überraschenden Rücktrittsankündigung zweier unabhängiger Ansprechpersonen für sexuellen Missbrauch im Bistum Augsburg gibt es erste Reaktionen. Ihr dritter Kollege bleibt im Amt, wie Andreas Hatzung auf Anfrage bestätigte.

Blick auf den Augsburger Dom / © Christopher Beschnitt (KNA)
Blick auf den Augsburger Dom / © Christopher Beschnitt ( KNA )

Zugleich äußerte Hatzung gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur sein Bedauern über das Ausscheiden von Angelika Hauser und Rupert Membarth zum Monatsende. Beide hätten sich äußerst engagiert für die Betroffenen eingesetzt. Er habe mit ihnen sehr gut zusammengearbeitet. 

Hatzung hat das Amt im Oktober 2020 übernommen. Er sehe es als seine Aufgabe an, mit Betroffenen zu sprechen und ihnen beim Beantragen von Anerkennungsleistungen zu helfen. Dies wolle er auch weiter tun.

Aufgrund seiner Profession als Jurist gehe er die Sache vielleicht eher nüchtern an als wenn er Psychologe wäre, gab er zu bedenken. Als ehemaliger Richter wisse er, dass man manche Dinge nicht beeinflussen könne. 

Mangelnder Aufklärungswille?

Im Interview mit der "Augsburger Allgemeinen" (Mittwoch) hatten Hauser und Membarth ihren Schritt mit Kritik an der Augsburger Bistumsleitung verbunden. Sie vermissten echten und konsequenten Aufklärungswillen bei den Verantwortlichen. Das Bistum bedauerte ihren Rückzug, wies die Kritik aber zurück. Schade sei auch, dass "keine vorherigen klärenden Gespräche geführt werden konnten". Diese wären wichtig gewesen für die "konstruktive Fortsetzung der Aufklärung und Aufarbeitung".

Der Sprecher der Unabhängigen Aufarbeitungskommission im Bistum, Hubert Paul, wollte die Entscheidung von Hauser und Membarth auf Nachfrage nicht weiter kommentieren. Die Zusammenarbeit seines Gremiums mit der Diözese funktioniere gut. Entsprechend den rechtlichen Grundlagen werde den Mitgliedern auf Anfrage auch Einsicht in Personalakten gewährt. "Wir kommen an unsere Informationen, dabei werden uns auch keine Hürden in den Weg gelegt."

Der frühere Präsident des Sozialgerichts Augsburg räumte zugleich ein, dass das Thema Akteneinsicht für Betroffene ein Dauerthema sei.

Aber auch Beschuldigte hätten Schutzrechte. Zugleich verwies Paul darauf, dass eine Projektgruppe der Kommission bereits mehrere tausend Stunden "pro bono" investiert habe, um infolge der MHG-Studie eine vertiefte Auswertung von 1.500 Personalakten von Priestern durchzuführen. Dabei gehe es um solche, die zwischen 2000 und 2014 im Bistum Augsburg gelebt hätten. Gesucht worden sei nach Hinweisen auf sexuellen Missbrauch. Die Ergebnisse sollen noch in diesem Jahr präsentiert werden.

Rückzug nach weniger als zwei Jahren

Membarth und Hauser wurden im September 2022 als Missbrauchsbeauftragte berufen. Ihren jetzigen Rückzug begründen sie unter anderem damit, ihnen seien der Einblick in Personalakten beschuldigter Kirchenleute verwehrt und weitere wichtige Informationen vorenthalten worden. Das Bistum erklärte dazu, man halte sich diesbezüglich an eine seit Anfang 2022 für alle Diözesen in Deutschland gültige Personalaktenordnung. Ein Recht auf Akteneinsicht gebe es nicht. Den unabhängigen Ansprechpersonen könnten lediglich beschränkte Auskünfte aus den Personalakten gegeben werden. Es sei aber kein Fall bekannt, in dem eine solche Auskunft versagt worden wäre.

Chronik des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche

Januar 2010: Der Leiter des Canisius-Kollegs der Jesuiten in Berlin, Pater Klaus Mertes, macht durch einen Brief an ehemalige Schüler den Missbrauchsskandal an seiner Schule bekannt. Jesuiten hätten in den 1970er und 80er Jahren Schüler sexuell missbraucht. Er löst damit eine Welle von Enthüllungen zu Missbrauchsfällen in der Kirche, aber auch in Schulen und anderen Institutionen aus.

Canisius-Kolleg in Berlin / © Christoph Scholz (KNA)
Canisius-Kolleg in Berlin / © Christoph Scholz ( KNA )
Quelle:
KNA