Radio Klassik Stephansdom über Gott als Wahlhelfer

"Hier wird mit Ausgrenzung gespielt"

In Österreich wird Gott zum Wahlhelfer. Auf Plakaten des FPÖ-Kandidaten zum Bundespräsidentenamt, Norbert Hofer, steht der Ausspruch "So wahr mir Gott helfe". "Der hat dort aber nichts verloren", meint der Wiener Journalist Christoph Wellner.

Wahlplakate von Norbert Hofer in der Kritik / © Martial Trezzini (dpa)
Wahlplakate von Norbert Hofer in der Kritik / © Martial Trezzini ( dpa )

domradio.de: Der liebe Gott auf dem Wahlplakat - ist das gut oder schlecht?

Christoph Wellner (Chefredakteur von Radio Klassik Stephansdom): Meiner Ansicht nach hat Gott auf einem Wahlplakat nichts verloren. Es steht uns, glaube ich, nicht zu, zu urteilen, ob ein Politiker oder sonst jemand im öffentlichen Leben gläubig ist oder nicht und sich mit Gott auf die ein oder andere Weise identifiziert. Aber auf einem Wahlplakat sollte so etwas nicht platziert werden.

domradio.de: Die evangelischen Kirchen Österreichs protestieren momentan lautstark gegen diese Kampagne. Wie äußern sich die Katholiken zu dieser Kampagne?

Wellner: Die sind angenehm ruhig. Meiner Meinung nach muss man nämlich nicht alles kommentieren. Denn jeder Kommentar birgt dann wieder die Gefahr, falsch verstanden zu werden. Dann kann sich eine Kampagne, die eigentlich nur ganz klein begonnen hat, zu etwas Großem ausweiten. Deswegen bin ich sehr froh, dass es von katholischer Seite keine Regungen zu dem Thema gibt.

domradio.de: Die Kampagne könnte darauf abzielen, dass Gott als Wahlhelfer instrumentalisiert wird. Worauf hofft FPÖ-Kandidat Hofer? Wie kann Gott ihm helfen?

Wellner: Ich denke, dass hier mit niedrigen Instinkten gespielt wird. Man kann davon ausgehen, dass die Menschen hier in Österreich mit dem Ausspruch 'So wahr mir Gott helfe' den christlichen Gott assoziieren. Hier wird also eher mit der Ausgrenzung operiert. Das ist etwas, was ich allerdings nur vermuten kann. Es ist einzigartig in der österreichischen Geschichte, dass das so vorgetragen wird. Dieser Satz 'So wahr mir Gott helfe' wird meiner Ansicht nach in Deutschland ohnehin auch verwendet, wenn es darum geht, angelobt zu werden. Der Bundespräsident kann das bei uns in Österreich in der Bundesverfassung dazugeben. Da gibt es eine Formel, nach der er den Eid auf die Verfassung ablegt und diese Formel hinzufügen kann.

domradio.de: Das ist in Deutschland genau so. Wäre denn aus Ihrer Sicht die Instrumentalisierung Gottes für die Wahl in Ordnung, wenn sie von einer anderen Partei käme?

Wellner: Nein. Es gäbe wenn überhaupt von den großen Parteien nur eine, die dafür infrage käme - und das wäre die Österreichische Volkspartei, ÖVP. Aber auch das wäre meiner Meinung nach falsch, weil Gott im Wahlprogramm und als Wahlslogan auf Plakaten nichts verloren hat.

domradio.de: Die FPÖ weist die Kritik mit den Worten zurück: "Die Verwendung des Zusatzes zur Gelöbnisformel des Amtseids  'So wahr mir Gott helfe' sei kein Missbrauch des Begriffs Gottes". Wie sehen Sie das?

Wellner: Wenn man sich den Satz genau durchliest und analysiert, so steht es schon da drin - bei der Gelöbnisformel. Aber die Gelöbnisformel ist halt kein Wahlplakat. Abgesehen davon, wird es noch zweifelhafter, wenn man sich dieses Plakat ansieht. Denn da steht 'Norbert Hofer, Bundespräsident' darunter. Auch das ist etwas, wo sehr mit Bildern und Suggestionen gespielt wird. Er ist es ja noch nicht. Es steht nicht 'Kandidat' oder 'Wahlempfehlung' darunter, sondern 'Norbert Hofer, Bundespräsident - So wahr mir Gott helfe'.

Das Interview führte Tobias Fricke.


Christoph Wellner / © Radio Klassik Stephansdom
Christoph Wellner / © Radio Klassik Stephansdom
Quelle:
DR