Rabbinerkonferenz hält Aufstieg der AfD für eine Schande

"Offen rassistische Parteien"

Der Präsident der Europäischen Rabbinerkonferenz, Pinchas Goldschmidt, nennt die Umfrageergebnisse und Erfolge der AfD eine "Schande". Auch der Aufstieg "anderer rechtsextremer Parteien in Europa ist eine Schande".

Oberrabiner Pinchas Goldschmidt / © Heike Lyding (epd)
Oberrabiner Pinchas Goldschmidt / © Heike Lyding ( epd )

Sie bereitet der jüdischen Gemeinschaft große Sorgen", sagte er in einem Interview der Deutschen Welle (Donnerstag). "Nicht immer wird direkt der Holocaust geleugnet. Aber immer sehen wir die Verharmlosung des Holocaust. Und es sind offen rassistische Parteien."

Goldschmidt warnte vor den möglichen Folgen rechter Politik und  verwies auf die Geschichte: "Europa hat so etwas schon mal erlebt. Das Ergebnis war der Zweite Weltkrieg, mit zig Millionen ermordeter und getöteter Menschen, mit zerstörten Ländern. Ist es das, was diese Kräfte wollen?"

"Das Zentrum Europas hat sich verschoben"

Auf die Frage, warum die die Europäische Rabbinerkonferenz dieses Jahr von London nach München umzieht, sagte Goldschmidt: "Das Zentrum Europas hat sich verschoben." Deutschland sei das Land in Europa, in
dem die jüdische Gemeinde wachse. Für Goldschmidt ist diese Entscheidung ein Zeichen der Hoffnung: "Es ist eine Botschaft an all die dunklen Kräfte, die es heute gibt. Überall auf der Welt, in Europa, im Nahen Osten und an anderen Orten. An all jene, die glauben, dass sie das jüdische Volk zerstören könnten."

"Auch dank des Engagements des Freistaats Bayern wird München zu einem der europäischen Zentren für jüdisches Leben werden", fügte der Rabbiner hinzu. "Das zeigt allen Antisemiten, die unter dem
Deckmantel der extremen Rechten oder unter dem Deckmantel des radikalen Islam agieren, dass Sie am Ende keinen Erfolg haben werden."

Religiöses Leben ausüben ohne sich bedroht zu fühlen? 

Auf die Frage, was jüdisches Leben in Deutschland und in Europa im Jahr 2023 für ihn bedeute, sagte Goldschmidt: "Ein vollwertiges jüdisches Leben heute heißt, dass sich die Juden in Deutschland sowohl als deutsche Bürger als auch als vollwertige Mitglieder des jüdischen Volkes und der jüdischen Religion fühlen können. Dass sie ihr religiöses Leben ohne Druck ausüben können und sich dabei nicht bedroht fühlen oder verbergen müssen." Dazu gehöre auch, dass ein Kind mit einer Kippa auf die Straße gehen könne, ohne angegriffen oder verspottet zu werden.

Meldestelle für antisemitische Vorfälle

Ein Jahr nach Beginn der Bundesförderung einer neuen deutschlandweiten Meldestelle für antisemitische Vorfälle haben die Verantwortlichen eine erste Bilanz gezogen. Zwischen Februar 2019 und Jahresende registrierte der Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (Bundesverband RIAS) mit Sitz in Berlin 316 Meldungen, wie Projektmitarbeiter Alexander Rasumny sagte.

Antisemitismus: Juden in Deutschland sehen wachsende Bedrohung / © Arne Dedert (dpa)
Antisemitismus: Juden in Deutschland sehen wachsende Bedrohung / © Arne Dedert ( dpa )
Quelle:
KNA