Putschversuch gegen Erdogan - Was wir wissen und was nicht

 (DR)

WAS WIR WISSEN:

- Die Streitkräfte starten am Freitagabend einen Putschversuch gegen Erdogan. Sie wollen die Macht im Land übernehmen. Erdogan hat in den vergangenen Jahren versucht, das putschfreudige türkische Militär weitgehend zu entmachten.

- Die Militärs erklären, sie hätten die Kontrolle über die Türkei. Eine Ausgangssperre wird verhängt. Brücken, darunter die berühmte Bosporus-Brücke, und der Atatürk-Flughafen in Istanbul werden vorübergehend blockiert.

- Erdogan setzt sich zu Wehr: Er ruft das Volk per Telefon über den Sender CNN Türk auf, sich auf Plätzen und am Flughafen zu versammeln. Viele Anhänger folgen der Aufforderung.

- In der größten Stadt Istanbul und der Hauptstadt Ankara fallen Schüsse, es gibt Explosionen. Kampfjets fliegen im Tiefflug über Istanbul. Das Parlament in Ankara wird bei Luftangriffen der Putschisten stark beschädigt.

- Am frühen Samstagmorgen trifft der Präsident in Istanbul ein. Er sagt, er sei in Marmaris an der türkischen Ägäis-Küste gewesen.

- Nach Angaben aus der Regierung sterben mindestens 265 Menschen, darunter 104 Putschisten. 1563 Soldaten sind nach Militärangaben festgenommen worden. Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu meldet mehr als 1150 Verletzte.

- Am Samstagnachmittag soll das Parlament zu einer Krisensitzung zusammenkommen.

- UN, EU, USA, Deutschland und andere Staaten verurteilen den Putschversuch. Sie fordern, Blutvergießen zu verhindern und die demokratische Ordnung und Verfassung der Türkei zu respektieren.

WAS WIR NICHT WISSEN:

- Wer steckt dahinter? Erdogan zufolge nur eine Minderheit der Streitkräfte, die Anhänger des im US-Exil lebenden Predigers Fethullah Gülen sind. Gülen hat sich mit Erdogan überworfen und gilt in der Türkei als Terrorist. Der neue Militärchef kündigt an, Anhänger der Gülen-Bewegung aus den Reihen der Armee zu entfernen.

- Was wollen die Putschisten? Unter anderem dass die verfassungsmäßige Ordnung, die Demokratie und die Menschenrechte wiederhergestellt werden, wie das Militär der privaten Nachrichtenagentur DHA zufolge mitteilt.

- Ist der Putsch niedergeschlagen? Erdogan sagt, das Land werde nicht vom Militär regiert. Im Armee-Hauptquartier in Ankara dauern die Operationen gegen Putschisten am Samstag an.

- Wie geht es weiter? Erdogans Kritiker befürchten, er könne den Putsch nutzen, um Freiheitsrechte und die Presse weiter einzuschränken. Für das Militär hat er Vergeltung angekündigt. Zuletzt war die Türkei immer wieder von Anschlägen erschüttert worden, an Repressionen etwa gegen Journalisten hatte es auch im Ausland heftige Kritik gegeben. (Quelle: dpa)