Publizist Leitlein zur Debatte um Algermissen-Predigt

"Im Gegenüber nichts Gutes"

Mit seiner Osterpredigt hatte der Fuldaer Bischofs Algermissen heftige Diskussionen ausgelöst. Genau wie Algermissen selbst sind auch seine Kritiker über's Ziel hinausgeschossen, sagt der Publizist Hannes Leitlein im domradio.de-Interview.

Bischof Algermissen im Portrait (KNA)
Bischof Algermissen im Portrait / ( KNA )

domradio.de: Bischof Algermissen hat gesagt, der Mensch werde ohne Auferstehungsglaube zu einem großen Sicherheitsrisiko. Wie hat er das gemeint?

Hannes Leitlein (Redakteur der "Zeit"-Beilage "Christ und Welt"; sein Artikel zum Thema: "Gefährlich sind nur die anderen"): Wie er es an Ostern gemeint hat, ist im Nachhinein schwer zu sagen. Aber zumindest fühlt er sich inzwischen gezwungen, nochmal zu betonen, wie er es gemeint haben will; nämlich, dass er als Christ vor Christen gesprochen hat. Das hat er in einer Stellungnahme betont. Die Frage ist dann nur, warum er explizit von "Menschen" gesprochen hat und nicht von "Christen". Er hat ja "Menschen" im gesamten angesprochen und auch seine Belege in der Predigt waren keine innerchristlichen Debatten - das wäre ja möglich gewesen. Statt dessen hat er über muslimische Flüchtlinge oder auch über Forschung an Embryonen referiert, hat also weltliche Themen angesprochen.

domradio.de: Warum schlägt Algermissen denn solche Töne an?

Leitlein: Erstmal ist die Frage, warum er das jetzt im Nachhinein relativiert. Er wollte offenbar klare Kante zeigen, und jetzt wird es ihm im Nachhinein zu heiß. Also spätestens da, wo die andere Seite sagt: "Das geht so nicht!" hat er nochmal betont, dass er das nicht so gemeint hat. Eigentlich würde man sich aber wünschen, dass ein Bischof, der klare Kante zeigt, auch bei seiner Position bleibt und zu seinen Worten steht oder eingesteht, dass er da vielleicht über die Stränge geschlagen hat.

domradio.de: Die Predigt hat für Aufsehen gesorgt. Der Präsident des Humanistischen Verbands Deutschland, Frieder Otto Wolf, hat Algermissen als "Hassprediger" bezeichnet...

Leitlein: Da zeigt sich, dass die andere Seite auch nicht besser ist. Die schlägt auch harte Töne an und sieht in der Religion oder in den Worten des Bischofs nur Nachteile. Die Kritiker wollen das Religiöse am liebsten komplett ins Private verdrängen - das merkt man auch an den Stellungnahmen. Man sieht im Gegenüber eigentlich nichts Gutes.

domradio.de: Das klingt nicht so, als könnte man das zusammenbringen. Wie bekommt man diese beiden Positionen denn vielleicht versöhnt?

Leitlein: An der Stelle wäre die Möglichkeit für beide Seiten, nicht nur scharfe Töne anzuschlagen sondern vielleicht auch miteinander zu reden - miteinander ins Gespräch zu kommen über die wichtigen Fragen, die aufgeworfen wurden. Bischof Algermissen hat moralische und ethische Fragen aufgeworfen, die auch Atheisten beschäftigen. Auch sie suchen ihrerseits Lösungsversuche und Antworten. Man könnte ja auch überlegen: "Vielleicht ist doch was dran an dem, was die andere Seite zu sagen hat" und sich darüber austauschen, um die Krisen anzupacken und nicht nur abschätzig übereinander zu reden.

domradio.de: Das heißt, wahrscheinlich ist "zuhören" auch ein wichtiger Schlüssel?

Leitlein: Ja, würde ich sagen. In diesem Fall hat die eine Seite zwar sehr genau hingehört, aber eben dann nicht konstruktiv reagiert, sondern ebenfalls scharfe Geschütze aufgefahren. Was bleibt übrig von der Predigt und auch der Reaktion darauf? Nicht viel, außer, dass man jetzt weiß, dass die beiden sich nicht so gerne über den Weg laufen.

Das Interview fügrte Silvia Ochlast.


Quelle:
DR