Kölner Protestbewegung lädt zur Aussprache ein

Auszeit 2.0

Nach der Veröffentlichung des Offenen Briefs im Erzbistum Köln laden Kirchlich Mitarbeitende an vier Abenden zur Aussprache ein. Unter dem Motto "Auszeit 2.0" wird offen über das Vorgehen der Bistumsleitung diskutiert.

Autor/in:
Johannes Schröer
 © Johannes Schröer (DR)
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Marianne Arndt / © Rudolf Wichert (KNA)
Marianne Arndt / © Rudolf Wichert ( KNA )

"Ich komme nicht klar – mit deinem Bodenpersonal", singen drei Frauen vom Jugendchor St. Stephan zu Beginn des Abends. Ein Lied, das die Kirchenleitung aufs Korn nimmt. "Auszeit 2.0", unter dieser Überschrift haben die Initiatoren des offenen Protestbriefes gegen die Bistumsleitung zum Gespräch in die Marktkapelle in Köln-Ehrenfeld eingeladen. Ein Angebot an vier Abenden – vom 16. bis 20. August.

Priester solidarisieren sich

"Wir können nicht schweigen. Wir müssen uns positionieren", sagt Gemeindereferentin Marianne Arndt. Und dann erzählt sie, wie sich eine Gruppe von kirchlich Mitarbeitenden getroffen habe, um einen Protestbrief zu verfassen. Dass der Brief dann soviel Resonanz bekommen hat, damit habe sie nicht gerechnet. Sonntagnachmittag seien es noch 22 Unterschriften gewesen, am Dienstag schon 80. Es hätten sich auch viele Gemeindemitglieder gemeldet, die gerne unterschreiben wollten. "Wir wollten aber bei der Gruppe der kirchlich Berufstätigen bleiben", sagt sie.

Kardinal Woelki habe sein letztes Vertrauen verbraucht, heißt es in dem Brief. Hintergrund dafür ist die PR-Strategie der Bistumsleitung, die jetzt bekannt worden ist. Eine PR-Strategie, die Tipps gibt, wie mit dem Betroffenenbeirat umzugehen sei, um das erste Missbrauchsgutachten im Sinne Woelkis zurückzuhalten. "Wenn ich jetzt nicht aufstehe", sagt Pfarrer Dirk Peters, "kann ich abends nicht mehr in den Spiegel schauen".

Es mangele an einer Streitkultur

Neben vielen anderen Priestern hat Pfarrer Peters den Protestbrief unterschrieben und ist der Einladung zum offenen Gespräch in die Marktkirche gefolgt. Dort erzählen Pastoralreferenten, Religionslehrer, Diakone und Priester von ihren Erfahrungen mit der Bistumsleitung. "Ja," sagt Pfarrer Peters, er habe bei seiner Priesterweihe flach auf dem Boden gelegen und das Gehorsamsgelübde abgelegt – "aber vor Christus!“ betont er. Mit ihm haben auch andere Priester aus dem Erzbistum Köln unterschrieben. Das sei wie eine Kettenreaktion gewesen, die durch die Initiatoren ausgelöst worden sei, freut er sich. Aus dem Priesterkreis weiß Peters, dass sich noch viel mehr solidarisieren, das aber aus Angst nicht öffentlich bekunden. "Natürlich gibt es auch Priester, die anderer Meinung sind", sagt er. Es mangele da aber an einer fairen Streitkultur. Die aber gebe es im Erzbistum Köln deswegen nicht, weil das dafür nötige Vertrauen in die Bistumsleitung fehle.

Das Erzbistum sei in einer Sackgasse

Agnes Steinmetz / © privat (privat)
Agnes Steinmetz / © privat ( privat )

Reihum stellen sich alle, die gekommen sind, vor und erzählen von ihren Ängsten und Nöten. In eine Sackgasse sei das Erzbistum geraten, sagt Religionslehrerin Agnes Steinmetz. "Wir müssen dringend auf einen anderen Weg kommen. Nach dem, was jetzt herausgekommen ist, können wir uns nicht mehr ernstgenommen fühlen". Und das gelte für alle, die sich in der Kirche engagieren. Enttäuschung und Wut mischen sich mit der Freude über die große Solidarität, die die Protestierenden erfahren. Eine Rückmeldung von der Bistumsleitung oder ein Gesprächsangebot habe es noch nicht gegeben, sagt Marianne Arndt. Das Lied vom Jugendchor St. Stephan klingt einem da in den Ohren. "Und jetzt müsst ihr euch mal bewegen", singen die drei jungen Frauen, "denn dieses Haus ist alt und viel zu lang verstaubt".

Quelle:
DR