"Bei allem Erschrecken und Fragen bin ich ganz gewiss: Gott hatte die Menschen nicht verlassen, die in der Massenpanik um ihr Leben gefürchtet und gekämpft haben", schreibt Schneider in der am Dienstag in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post".
Der Theologeunterstreicht, Gott "war auch bei denen, die ihr Leben verloren haben". Er sei jetzt bei den Trauernden, und er werde auch die nicht verlassen, "die Fehler gemacht haben" bei ihren Plänen und Entscheidungen. Gott lasse auch die nicht los, die in ihrer Panik kopflos geworden seien, weil sie nur noch ihr Leben retten wollen, schreibt Schneider.
Der Präses räumte ein: "Gottes Wirken bei der Loveparade am vergangenen Samstag in meiner Heimatstadt Duisburg im Einzelnen zu entdecken und theologisch zu deuten, das ist mir unmöglich." Sein Glaube und seine theologische Überzeugung verböten es jedoch, in diesem Unglück einen Fingerzeig Gottes gegen die Loveparade oder gegen die Organisatoren zu sehen. "Und schon gar nicht kann ich die Todesfälle als göttliche Bestrafung für Teilnehmer verstehen", betonte Schneider.
Die Kritik von Eva Herman
Die langjährige Tagesschausprecherin und Buchautorin Eva Herman hatte die Loveparade kurz nach dem Unglück als "eine riesige Drogen-, Alkohol- und Sexorgie" bezeichnet. "Wer sich die Bilder der Loveparades aus den zurückliegenden Jahren ansieht, glaubt, in der Verfilmung der letzten Tage gelandet zu sein, wie sie in der Bibel beschrieben werden".
Die Veranstaltung sei eine Folge der gesellschaftlichen Veränderungen seit 1968, heißt es in dem am Sonntag veröffentlichten Beitrag. "Wer sich betrunken und mit Drogen vollgedröhnt die Kleider vom Leib reißt, wer die letzten Anstandsnormen feiernd und tanzend einstürzen lässt, und wer dafür auch noch von den Trägern der Gesellschaft unterstützt wird, der ist nicht weit vom Abgrund entfernt."
Inzwischen hat sie sich für ihre Ausführungen entschuldigt. Sie habe die Opfer der Katastrophe nicht beleidigen wollen, betonte Herman am Montag auf der Internetseite des Rottenburger Kopp-Verlags. "Sollten sich dennoch vor allem Familienangehörige, Freunde und Solidargemeinschaften in ihrem Pietätsgefühl verletzt sehen, so tut mir dies aufrichtig leid." Am Wochenende waren bei einer Massenpanik während des Techno-Festivals 19 Menschen ums Leben gekommen, 340 Personen wurden verletzt.
Präses Schneider widerspricht Loveparade-Provokation Eva Hermans
Keine "göttliche Bestrafung"
Auch wenn Eva Herman inzwischen zurückrudert: Mit ihrem Vergleich der Loveparade mit Sodom und Gomorrha hat die konservative Provokateurin mit der Idee eines strafenden Gottes gespielt. Dem widerspricht nun Präses Nikolaus Schneider, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland indirekt.
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