Prälat Klaschka über die Botschaften des Papstes beim WJT

Die Menschen am Rand

Papst Franzikus bleibt seiner Botschaft auch beim Weltjugentag treu, glaubt Prälat Klaschka: Der Heilige Vater betont, dass die Kirche zu den Armen gehen muss. Eine politische Botschaft könne beim Schlussgottesdienst am Sonntag folgen, so Klaschka.

Papst Franziskus besucht die Favela Varginha  (dpa)
Papst Franziskus besucht die Favela Varginha / ( dpa )

domradio.de: Herr Prälat, Sie kennen Papst Franziskus noch als Kardinal Bergoglio und jetzt sind Sie hier auch live mit dabei. Schauen wir doch zunächst einmal auf den Besuch in Aparecida. Da haben Sie mit dem Papst konzelebriert. Wie war das?

Bernd Klaschka: In Aparecida war es sehr eindrücklich, ihn in seiner Schlichtheit, in seiner Einfachheit zu erleben. Ich war mit ihm in Aparecida 2007 während der 5. Vollversammlung des lateinamerikanischen Bischofsrates und ich hatte in Aparecida jetzt den Eindruck, dass er sich ganz bewusst daran erinnerte. Und für mich war ein bewegender Moment, als er sich und sein Pontifikat der Jungfrau von Aparecida, also Maria, weihte, und sie darum bat, dass sein Pontifikat unter ihrem Schutz steht.

Ein zweiter wichtiger Moment war für mich, als Papst Franziskus nach der Eucharistiefeier nach draußen zu den mehr als hunderttausend Menschen gegangen ist, die bei strömendem Regen die Messe mitgefeiert haben, und sagte: Betet für mich, ich brauche dieses Gebet. Und ich hatte den Eindruck, dass er das sehr tief und sehr ernst meinte, denn die Herausforderungen, vor denen Franziskus steht, sind groß, sowohl innerkirchlich als auch gesellschaftlich, insbesondere wenn man seine Botschaften in diesen Tagen hört und dann auch ernst nimmt. Wie er immer wieder darauf hinweist, dass die Jugend ein Recht hat, die Welt gerechter zu gestalten, und das dies auch mit dem Evangelium in Einklang ist. 

domradio.de: Gerechtigkeit ist ein gutes Stichwort: Adveniat unterstützt sehr viele Projekte in Favelas. Jetzt hat Papst Franziskus hier in Rio eine Favela besucht. Was ist Ihnen durch den Kopf gegangen, als Sie diese Bilder gesehen haben, als Sie gehört haben, was der Papst den Menschen dort gesagt hat?

Klaschka: Mir ist durch den Kopf gegangen, dass die Arbeit von Adveniat durch die Worte von Franziskus unterstützt wird, dass die Linie von Adveniat gestärkt wird, insbesondere zu den Armen zu gehen. Adveniat hat eine ausgesprochene Option für die Armen und da fühlen wir uns von ihm bestärkt. Und er verwirklicht hier bei seinem Besuch das Wort, das er uns Priestern am Gründonnerstag gesagt hat: "Geht hin zu den Rändern der Gesellschaft" und auch was er im Vorkonklave gesagt hat: "Die Kirche muss evangelisieren".

Ich denke, damit ist auch Adveniat auf dem richtigen Weg und auf einem sehr guten Weg. Wir müssen auch an die Ränder gehen, sprich: Dort wo die Menschen am Rand leben, und dort Unterstützung leisten für diejenigen Menschen, die dort aktiv sind und den Ärmsten sehr nahe sind.

domradio.de: Ganz am Anfang haben die Sicherheitskräfte hier schon heikle Minuten durchlebt, denn Papst Franziskus ist ganz, ganz nah herangegangen an die Leute. Was sagt das über ihn und seinen Stil aus?

Klaschka: Der Stil, den er pflegt, sagt sehr viel über ihn selbst aus. Er will nah bei den Menschen sein. Er durchbricht sehr oft das Protokoll, wenn er dann jemanden sieht, der ihm vielleicht zunickt oder zulächelt oder zuwinkt. Dann geht er ganz spontan auf ihn zu, dann durchbricht er das Protokoll, dann durchbricht er die Sicherheitsmaßnahmen. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Sicherheitsbeamten Blut schwitzen, weil sie um seine Sicherheit fürchten. Aber Papst Franziskus ist der Kontakt und die Nähe zu den Menschen wichtiger als alle Überlegungen bezüglich seiner eigenen Sicherheit. Da weiß er sich auch ganz in der Hand Gottes geborgen und sagt: Gott wird mich schon schützen. Das ist mein Eindruck von ihm.

domradio.de: Wir haben ja hier in den vergangenen Wochen diese Sozialproteste gesehen - bei der Begrüßungsfeier ist Papst Franziskus nicht politisch geworden. Würden Sie sich wünschen, dass er da vielleicht auch noch einmal klare Worte an die Jugendlichen findet und noch einmal Rückbezug nimmt?

Klaschka: Ich kann mir vorstellen, dass Papst Franziskus eine gewisse Strategie hat in seinen Ansprachen. Gestern war die Begrüßungsansprache, die ging an alle Jugendlichen, dann in Aparecida hat er die Haltung genannt, insbesondere die Haltung der Hoffnung hat er in seiner Predigt hervorgehoben. Ich kann mir gut vorstellen, dass er heute beim Kreuzweg politischer wird, und da insbesondere die, die leiden, in den Vordergrund rückt. Bei seinen Ansprachen bei den staatlichen Stellen hat er auch intensiv, zum Beispiel bei der Einweihung der Drogenklinik, gegen die Drogenmafia Stellung genommen.

Und wer Lateinamerika kennt, der weiß, dass es auch Politiker gibt, die in diese Geschäfte verwickelt und eingebunden sind, so dass er sie auch direkt angesprochen hat. Und ich glaube auch, die Politiker wissen, dass er sie damit gemeint hat. Nicht nur die Konsumenten, sondern auch die Händler und die Produzenten und diejenigen, die das ganze Verbrechen organisieren, da ist die Politik hier in Lateinamerika nicht außen vor. Und ich kann mir gut vorstellen, in einem Appell, den er am Sonntag beim Schlussgottesdienst in seiner Predigt wahrscheinlich formulieren wird, wird er den jungen Menschen Mut machen, sich einzumischen in die Belange der Gesellschaft.

domradio.de: Danke für das Gespräch, Herr Prälat.
 


Quelle:
DR