Die Kirche von Köln nimmt Abschied von Prälat Josef Sauerborn, dem emeritierten Domkapitular, Spiritual im Priesterseminar und langjährigen Künstlerseelsorger des Erzbistums. Sein Tod nach schwerer Krankheit reißt eine große Lücke – in den Herzen vieler Menschen, die ihn als liebevollen Begleiter, Seelsorger und Brückenbauer geschätzt haben.
Ein Leben zwischen Kunst, Glaube und Menschlichkeit
Seit 2004 war Josef Sauerborn als Künstlerseelsorger tätig – zuletzt über 19 Jahre lang in dieser verantwortungsvollen Aufgabe. Er blickte darauf "voller Dankbarkeit und großer Freude, so vielen Frauen und Männern begegnet zu sein, die in der Kunst stehen". Dabei verstand er seine Rolle bewusst nicht als leitend: Der seelsorgliche Stil verlangte vielmehr Zuhören, Respekt und stille Präsenz.
Ausstellungen nannte er – wenn auch er den Begriff "Höhepunkte" nicht bevorzugte – "persönlich immer wichtige Höhepunkte" seines Wirkens. Und doch war es auch das Richter-Fenster im Kölner Dom, dessen Entstehung und Einweihung eine besondere Herausforderung darstellte – nicht zuletzt als Vermittler zwischen dem Künstler Gerhard Richter, dem Domkapitel und Kardinal Meisner. Sauerborns Bemühen um Verständigung erinnerte daran, dass Kunst im Kirchenraum nicht konfliktfrei, aber gestaltend sein kann.
Spiritual – geistlicher Begleiter und Mentor
Parallel wirkte Prälat Sauerborn über viele Jahre als Spiritual im Erzbischöflichen Priesterseminar und im Diakoneninstitut, eine Vertrauensposition neben Regens und Subregens. Sein Blick war klar und bodenständig: Die Zeit kontemplativer, "klösterlicher" Ausbildung sei vorbei – vielmehr plädierte er für "Weltpriester", die "mitten in der Welt" leben und auf reale Lebenssituationen vorbereitet werden.
Mitten in den Herausforderungen des Priesterberufs rief Josef Sauerborn die Bewerber immer wieder dazu auf, nach innen zu hören: "Was mit Ihnen los ist, zeigt sich, wenn Sie die Haustüre zumachen und nicht, wenn Sie in Aktion sind." Dieser Rat offenbart sein großes Verständnis für menschliche Zerbrechlichkeit, aber auch seine Hoffnung in die Haltung authentischer Spiritualität.
Gewissheit, Krisenerfahrung und gelebte Spiritualität
In Menschlichkeit verbunden war sein authentisches Erleben von Krisen und Enttäuschungen. "Ganz gewaltige Krisen" prägten ihn ebenso wie sein geistliches Fundament, das durch alle Auf und Abs trug. In Gottesdienstfeiern zeigte sich das: Ohne bewusst darüber nachzudenken, sprach er die liturgischen Gebete immer aus dem Herzen – ein geistlicher Grundrhythmus, der aus der Tiefe kam, nicht aus Ritualen.
In Zeiten wachsender kirchlicher Krisen blieb ihm die Zuversicht: Aus ihm heraus sagte er überzeugt, dass es auch in 100 Jahren noch Katholiken am Rhein geben wird – wenn man sich auf den Kern, die Glaubensverkündigung in Wort und Tat, besinnt, statt ihn zu verschütten.
Künstlerseelsorge als Lebensstil – Begegnung und Resonanz
Prälat Sauerborns Begleitung von Künstlerinnen und Künstlern war geprägt von Wertschätzung und leiser Präsenz. Er besuchte sie in Ateliers, nahm ihre Lebens- und Arbeitswirklichkeit ernst, gestaltete den "Aschermittwoch der Künstler" als Ort des Dialogs zwischen Kunst und Kirche. Auch seine bildhafte Sprache – "der Geruch von Farbe" – spiegelte ihn: sensibel für Atmosphäre, Tradition und kreative Hintergründe, denen er Raum gab.
Die Fastenerfahrungen von Künstlern beschrieb er als Ausdruck ihrer spirituellen Haltung: Bescheidenheit, Kargheit, Konsequenz im Lebensentwurf – das bewegte ihn tief, weil es in Nähe zur geistlichen Fastentradition stand.
Domkapitular, Bruder, Mentor – und menschliche Stimme
Als Kölner Domkapitular prägte Josef Sauerborn liturgische Bildsprache und Predigt – beispielhaft die Einweihung des Richter-Fensters. Beeindruckt hat ihn immer wieder die "Entwöhnung des Isaak" im "Älteren Bibelfenster" im Dom, durch das immer wie ein Gruß des Himmels die Morgensonne schien, wenn er auf dem Weg zur Heiligen Messe war. Auch nach seinem Eintritt in den Ruhestand vor zwei Jahren blieb Prälat Sauerborn menschlich präsent: als Beichtvater, Prediger, geistlicher Begleiter, offen für spontane Begegnungen.
Was bleibt, ist ein Leben, in dem geistliche Tiefe, künstlerische Offenheit und pastorale Nähe ineinanderklangen. Ob im Dialog mit Künstlerinnen und Künstlern, im vertrauten Gespräch mit Seminaristen oder im Blick auf den Dom als künstlerisches Gesamtkunstwerk – überall war da dieser stille, aufmerksame Mensch, der hörte, verstand und Wege öffnete.
In seiner Krankheit wie auch im Tod hat er an die Zerbrechlichkeit erinnert und an die bleibende Hoffnung auf das ewige Leben.
Das Pontifikalrequiem mit dem Erzbischof von Köln, Rainer Maria Kardinal Woelki, findet am Dienstag den 30. September um 10 Uhr im Kölner Dom statt.