In Potsdam wird weiter für den Aufbau der Garnisonkirche geworben

Eisberg mit Wetterfahne

Gegner sehen sie als Symbol für Militarismus und NS-Propaganda. Befürworter wollen sie als Heimat des Widerstands gegen Hitler und Ort der Kirchenunion von 1817 verstanden wissen: Um den Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche wird weiter gerungen.

Autor/in:
Yvonne Jennerjahn
 (DR)

Die Zeit läuft davon. Bis zum 500. Reformationsjubiläum 2017 soll der Turm der Potsdamer Garnisonkirche wiedererrichtet werden. Der Grundstein für das 40-Millionen-Euro-Projekt wurde bereits 2005 gelegt, doch die eigentlichen Bauarbeiten haben noch immer nicht begonnen. Denn es fehlt weiter das Geld. Der Vorstand der Stiftung für den Wiederaufbau der 1968 in der DDR als Kriegsruine gesprengten Kirche bleibt trotzdem optimistisch.



"Wir sind vollständig im Zeitplan", sagt Peter Leinemann, der dort für die Verwaltung zuständig ist. "Wir brauchen vier Jahre", fügt er hinzu. Im Herbst 2013 muss es losgehen. Die 1732 eingeweihte Barockkirche sei einst in nur zwei Jahren gebaut worden, ergänzt der theologische Vorstand Martin Vogel, der auch das Nutzungskonzept mitentwickelt hat. Die wichtigsten Vorbereitungen seien längst abgeschlossen: "Das ist wie bei einem Eisberg, der größte Teil befindet sich unterhalb der öffentlichen Wahrnehmung und ist bisher nicht sichtbar."



Als bundesweite, nationale Aufgabe sieht Leinemann den Wiederaufbau. "Das ist kein lokales Projekt", betont er, "sondern das größte Kirchenbauvorhaben in der Evangelischen Kirche in Deutschland." Das Bauprojekt, das auf eine 1984 im Westen gestartete Initiative des Bundeswehroffiziers Max Klaar zurückgeht, hat schon einige Hürden überwunden. Die evangelische Kirche war zunächst wenig begeistert, ließ sich dann aber vom Nutzungskonzept als Friedens- und Versöhnungszentrum überzeugen. Doch das gefiel dem Initiator nicht, er verließ das Projekt nach Jahren im Streit und nahm auch seine Spendenmillionen mit.



Unterstützer sind uneins

2008 wurde die Stiftung gegründet, die nun den Wiederaufbau der Garnisonkirche bewältigen soll. Das Kuratorium ist prominent besetzt, der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland und Berliner Altbischof Wolfgang Huber hat den Vorsitz inne. Ehrenkurator ist Altbundespräsident Richard von Weizsäcker.



Die Namen sollen auch helfen, Geldgeber zu finden. Denn der Turmbau und später das rund 60 Millionen Euro teure Kirchenschiff sollen aus Spenden finanziert werden. Rund fünf Millionen Euro hat die Stiftung inzwischen gesammelt. Ein Großteil wurde bereits ausgegeben, unter anderem für eine provisorische Kapelle am historischen Standort im Stadtzentrum.



Auch die rund 1,5 Millionen Euro teure Bauplanung ist aus den Spenden finanziert worden: Die Architektenentwürfe liegen seit Monaten bereit. Der Bauantrag sollte im Sommer gestellt werden, dann ist er verschoben worden. Derzeit ist der November im Gespräch. Doch es könnte noch später werden, denn die Unterstützer sind uneins über die Gestaltung des Turms.



Der Fördergesellschaft, die sich seit 2004 für das Bauprojekt engagiert, gefällt die Kapelle nicht, die im Turm entstehen soll. Zu hoch, zu weit entfernt vom Original, lautet die Kritik. Inzwischen liegt ein Gegenentwurf vor. "Diese Frage ist zwischen uns und der Stiftung noch offen", betont der Vorsitzende Burkhart Franck und versucht zugleich tapfer, in dem Konflikt zu vermitteln. Dass noch Änderungen der Pläne möglich sind, "werde ich mir nochmal schriftlich vom Kuratorium geben lassen", sagt der ehemalige Berufssoldat, der auch dem Gemeindekirchenrat von Caputh bei Potsdam angehört.



Gegner geben nicht auf

"Ich hoffe, dass es in diesem Dissens doch endlich zu einem Konsens kommt", sagt Wilhelm Hüffmeier diplomatisch dazu. Der Theologe und frühere Leiter der Kirchenkanzlei der Union Evangelischer Kirchen möchte die Garnisonkirche auch als zentralen Ort der Vereinigung von Lutheranern und reformierten Protestanten 1817 wiedererrichtet sehen und so das 500. Reformationsjubiläum mit dem 200. Jubiläum der preußischen Kirchenunion verknüpfen. "Damit nicht nur alle nach Wittenberg gucken, sondern auch nach Potsdam."



Auch die Gegner des Bauprojekts wie die Bürgerinitiative "Für ein Potsdam ohne Garnisonkirche" geben nicht auf. Im aktuellen "Bürgerhaushalt" der brandenburgischen Landeshauptstadt, bei dem über Vorschläge für die Verwendung öffentlicher Gelder mit abgestimmt werden kann, erhielt die Forderung, nichts für die Garnisonkirche auszugeben, die größte Zustimmung.



In der Stiftung arbeitet man derweil an einem Marketingkonzept und zerbricht sich über anderes den Kopf. Gute Steinmetze müssen gefunden werden, große Mengen gut abgelagertes Eichenholz müssen her. Auch die Fördergesellschaft arbeitet trotz aller Konflikte unverdrossen weiter. Derzeit wird die Wetterfahne für den Kirchturm angefertigt. Bis der Turm fertig ist, soll sie am Bauplatz ausgestellt werden - in einem Metallkäfig. Damit sie nicht zerstört werden kann.