kfd zum ersten bundesweiten Predigerinnentag

"Positive Rückmeldungen und viel Ermutigung"

Für diesen Sonntag hat die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands den bundesweiten Predigerinnentag angesetzt. Was geplant ist und warum die Apostelin Junia dabei eine so große Rolle spielt, erzählt Ulrike Göken-Huismann aus dem kfd-Bundesvorstand.

Die Kanzel: Häufig der Ort der Predigt / © Patrick Post (KNA)
Die Kanzel: Häufig der Ort der Predigt / © Patrick Post ( KNA )

DOMRADIO.DE: Wieso ist es Ihnen so wichtig, dass Frauen in der katholischen Kirche auch während einer Eucharistiefeier predigen dürfen?

Ulrike Göken-Huismann (Geistliche Begleiterin der kfd auf Bundesebene und Mitglied im kfd-Bundesvorstand): Ja, weil wir einfach davon überzeugt sind, dass die Verkündigung dann viel reicher sein wird. So fehlt ja eigentlich die Hälfte. So wird das Wort Gottes nur von geweihten Amtsträgern ausgelegt und die Perspektive der Frauen fehlt komplett. Und das kann nicht sein, glauben wir. Wir glauben, dass es ganz wichtig ist, dass auch die Frauen während der Eucharistiefeier predigen dürfen.

DOMRADIO.DE: Männliche Laien dürfen aber ja auch nicht predigen, setzen Sie sich dafür auch ein?

Göken-Huismann: Natürlich, insgesamt ist es uns wichtig, dass dieses Verbot der Laienpredigt aufgehoben wird. Wir hoffen auch, dass beim Synodalen Weg Bewegung in die Sache kommt. Auch deswegen machen wir diese Junia-Predigerinnenaktion jetzt am Sonntag.

DOMRADIO.DE: Sie selbst sagen, die Rücknahme des Predigerverbots für Laien und Lainnen in der Eucharistiefeier wäre "ein kleiner, aber wichtiger Schritt im Hinblick auf die notwendige Erneuerung der Kirche". "Kleiner Schritt" – das sehen ja viele mit Sicherheit ganz anders, oder?

Göken-Huismann: Ich halte es für einen kleinen Schritt auf dem Weg zur Geschlechtergerechtigkeit in unserer Kirche. Aber für mich wäre es schon ein deutliches Zeichen, wenn die Frauen zumindest das Wort ganz offiziell in der Eucharistiefeier verkünden dürfen – das gilt natürlich auch für die Laien-Männer, aber besonders für die Frauen.

DOMRADIO.DE: Schauen wir mal auf diesen Sonntag. Wie wird das jetzt ablaufen?

Göken-Huismann: Wir predigen mit zwölf geistlichen Begleiterinnen und Leiterinnen der kfd in unterschiedlichen Diözesanverbänden. Aufgrund von Corona war das natürlich nicht ganz so einfach. Es hat sich einiges verändert. Nicht alle können tatsächlich live predigen, aber wir haben auch Textdokumente und Videos und Audio-Dateien. Wunderschöne Dinge, die man sich ab Samstagmittag auf unserer Homepage auch anschauen kann. Und gut die Hälfte predigt dann tatsächlich auch live in Gottesdiensten. Eine Predigt wird am Sonntagabend auch auf Facebook übertragen.

DOMRADIO.DE: Haben Sie schon viele Rückmeldungen auf die Veranstaltung bekommen?

Göken-Huismann: Ja, es gibt viele positive Rückmeldungen und viel Ermutigung. Viele sagen mir: "Super, dass ihr das macht. Genau das brauchen wir, gerade in diesen Zeiten, dass die Frauen nach vorne gehen und dass wir andere Bilder aus Gottesdiensten bekommen." Dass die Frauen in der Kirche, ich sage mal, nicht nur in den Diensten zu finden sind, was besonders katholische Frauen ja schon immer getan haben, sondern auch tatsächlich in der Verkündigung und in der Lehre.

DOMRADIO.DE: Es gibt ja schon ökumenische Predigerpreise für Frauen und Männer. Warum machen Sie diese Aktion am Sonntag explizit nur für Frauen?

Göken-Huismann: Dieser Sonntag ist ein ganz besonderer Sonntag. Es ist der Gedenktag der Apostelin Junia. Und dieses Fest wollen wir nochmal nach vorne holen, um diese Apostelin als wichtige Zeugin für unsere anderen Forderungen nach einer geschlechtergerechten Kirche nach vorne zu holen. Wir fragen uns: Wenn es in der Urkirche Männer und Frauen gegeben hat, die apostolisch tätig sein durften, warum ist das heute nicht mehr so? Warum sieht sich die katholische Kirche nicht in der Lage, Frauen zu allen Diensten und Ämtern zuzulassen, wenn es in der Urkirche doch offensichtlich so war?

DOMRADIO.DE: Sie es haben es schon angesprochen: Es ist kein zufällig gewähltes Datum, warum passt die Apostelin Junia sehr gut dazu?

Göken-Huismann: Das ist eine im Grunde fast unglaubliche Geschichte. Paulus schreibt im Römerbrief 16,7: Grüßt Andronikus und Junia. Sie gehören zu meinem Volk, sie waren mit mir zusammen im Gefängnis und sie ragen heraus unter den Aposteln. – Also für Paulus war Junia völlig selbstverständlich Apostelin, und das war auch in der alten Kirche so. Wir finden ganz viele Zeugnisse darüber, angefangen bei Johannes Chrysostomus und anderen bekannten Kirchenvätern.

Und erst im Mittelalter, im dreizehnten Jahrhundert, findet sich plötzlich, dass diese Frau Junia zu einem Mann gemacht wird durch ein "s", das angehängt wird. Aus der Apostelin Junia wird der Apostel Junias. – Vielleicht, weil die Theologen im Mittelalter dachten: Das kann ja gar nicht sein, es kann ja keine Frau Apostel sein. Also stimmt das nicht, wir müssen es ändern. Sie haben dann in den Handschriften aus Junia Junias gemacht.

Das ist ganz lange weiter so vermittelt worden, bis im letzten Jahrhundert in den 1970er, 1980er Jahren feministische Theologinnen geforscht und die alten Handschriften untersucht haben und feststellten: Das stimmt alles gar nicht, das war doch eine Frau! Und erst in der neuen Einheitsübersetzung von 2016 steht die Apostelin Junia wieder drin – auch in der Lutherbibel von 2017. Also über viele Jahrhunderte haben wir diese Apostelin gar nicht gekannt, weil nicht sein konnte, was nicht sein durfte.

Das Interview führte Michelle Olion.


Ulrike Göken-Huismann, geistliche Begleiterin der kfd / © Elisabeth Schomaker (KNA)
Ulrike Göken-Huismann, geistliche Begleiterin der kfd / © Elisabeth Schomaker ( KNA )
Quelle:
DR