Politikerin Schavan warnt vor Missbrauch von Religion

"Zeichen stehen auf Konfrontation"

Der Missbrauch religiöser Symbole bedroht den Frieden, sagt Anette Schavan. Sie nennt Taliban, den Sturm aufs Kapitol und Patriarch Kyrill als Beispiele und fordert eine neue Verständigung auf gemeinsame Werte.

Annette Schavan / © Julia Steinbrecht (KNA)
Annette Schavan / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Die frühere Bundesbildungsministerin Annette Schavan hat vor einer zunehmenden religiösen Radikalisierung gewarnt. 

In der Christenheit wie in der globalen Welt stehen die Zeichen auf Konfrontation!", sagte Schavan am Mittwoch laut Redemanuskript in Luzern. Religionen seien derzeit "von einem wirksamen Dienst für den Frieden ebenso weit entfernt wie von einem Frieden miteinander".

Als Beispiele für den Missbrauch von Religion nannte Schavan die Herrschaft der Taliban in Afghanistan, den Sturm auf das US-Kapitol 2021 sowie die religiöse Rechtfertigung des russischen Angriffskriegs durch den russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I. 

Schavan erinnerte an das Projekt Weltethos des Theologen Hans Küng. Nur durch eine gemeinsame Verständigung könnten globale Fragen gelöst werden. Jedoch sei die Überzeugung, dass es ein globales Ethos brauche für den Frieden und für das Überleben der Menschheit "derzeit nicht en vogue".

Theologie wichtig für Gesellschaft 

Schavan sieht in der Theologie mehr als kirchliche Lehre. Akademische Theologie leiste einen wichtigen Beitrag für Kirche und Gesellschaft. Sie hebt die Rolle wissenschaftlicher Theologie in der Gesellschaft hervor. "Theologie im Haus der Wissenschaft ist nicht allein eine Angelegenheit der Kirchen", so Schavan. Sie biete einen Erfahrungsschatz, der im globalen Dialog über Zukunftsfragen wertvoll sei.

Die Theologie leiste einen wichtigen Beitrag dazu, Religion und Gesellschaft "vor Aberglaube und Radikalisierung" zu bewahren, so Schavan. Sie könne helfen, Kirchen und Religionsgemeinschaften daran zu erinnern, dass es "nicht vor allem um sie geht, sondern um ihren Dienst an einer fragilen Welt".

Annette Schavan

Die in Jüchen bei Grevenbroich geborene und in Neuss aufgewachsene CDU-Politikerin war von 1995 bis 2005 Kultusministerin in Baden-Württemberg. Von 2005 bis 2013 war als enge Vertraute von Bundeskanzlerin Angela Merkel Bundesministerin für Bildung und Forschung. In ihre Amtszeit fallen zahlreiche Reformen wie die Hightech-Strategie und die Exzellenzinitiative. Der Hochschulpakt und der Pakt für Forschung und Innovation wurden geschlossen.

Annette Schavan / © Laurence Chaperon (lc)
Annette Schavan / © Laurence Chaperon ( lc )
Quelle:
KNA