Politik und Kirchen bedauern Käßmann-Rücktritt

Respekt und Mitgefühl

Der Rücktritt Margot Käßmanns hat in Politik und Kirche für Betroffenheit und Mitgefühl gesorgt. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, bekundete Käßmann Respekt für ihre Entscheidung und bedauerte den Rücktritt. Weitere Reaktionen hier.

 (DR)

Merkel bedauert Zusammenarbeit sehr geschätzt
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat den Rücktritt von Bischöfin Margot Käßmann laut Regierungssprecher Ulrich Wilhelm "mit Respekt und Bedauern" aufgenommen. "Ich habe die Zusammenarbeit mit Bischöfin Käßmann sehr geschätzt", so die Kanzlerin.

Erzbischof Zollitsch: Kann den Schritt verstehen
Mit Bedauern hat Erzbischof Robert Zollitsch den Rücktritt von Margot Käßmann vom Ratsvorsitz der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) aufgenommen. "Ich kenne Frau Käßmann seit langem als einen Menschen, der bereit ist, Verantwortung zu übernehmen, respektiere gerade deshalb ihre Entscheidung und kann diesen Schritt verstehen", sagte der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz am Mittwoch in Freiburg. "Ich wünsche Ihr in dieser schwierigen Stunde Gottes Segen", fügte der Erzbischof hinzu.
Knobloch: Schritt beweist Mut

Die Präsidentin den Zentralrates der Juden, Charlotte Knobloch, äußerte Verständnis für den Rücktritt von Margot Käßmann. Mit diesem Schritt habe Käßmann Mut bewiesen, erklärte Knobloch am Mittwoch in München. Die Zentralratspräsidentin fügte hinzu: "Ich schätze Frau Käßmann insbesondere wegen ihres aufrichtigen Charakters und ihres hartnäckigen Engagements gegen den Rechtsextremismus."

Bischof Trelle: Respekt und Mitgefühl

Der Hildesheimer Bischof Norbert Trelle hat die Entscheidung von Dr. Margot Käßmann, von ihren Ämtern als EKD-Ratsvorsitzende und Landesbischöfin von Hannover zurück zu treten "mit großem Respekt und Mitgefühl" zur Kenntnis genommen. Zugleich dankt er ihr für die gute und konstruktive Zusammenarbeit. Er wird Frau Dr. Käßmann dazu nach seiner Rückkehr aus Freiburg einen Brief schreiben.

Bischof Franz-Josef Bode (Osnabrück): Wir tragen mit

"Der Rücktritt von Frau Käßmann als Ratsvorsitzende der EKD und als Landesbischöfin hat uns sehr berührt. Wir bedauern sehr, dass dieser Schritt für sie notwendig wurde. Wir respektieren die Konsequenzen, die sie zieht. Als katholische Mitchristen tragen wir mit an dieser für sie und die ganze evangelische Kirche belastenden Situation. Dankbar sind wir für das gute und vertrauensvolle ökumenische Miteinander in Niedersachsen. Für ihre weiteren persönlichen Schritte wünschen wir Frau Käßmann einen guten Weg in die Zukunft."

EKD-Vize Schneider: Habe ihr noch Mut gemacht

Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Nikolaus Schneider, hat den Rücktritt von Bischöfin Margot Käßmann bedauert. Er äußerte am Mittwoch am Rande eines Termins in Duisburg Bedauern, aber auch Respekt für die Entscheidung Käßmanns, als Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zurückzutreten. "Ich habe noch mit ihr telefoniert und ihr Mut gemacht und gesagt, halte durch", sagte der bisherige Stellvertreter Käßmanns an der Spitze der EKD dem epd. Er nannte den Rücktritt der Bischöfin ein "Zeichen, wie man mit Schuld umgeht".

Beckstein:
Sie hätte bleiben können
Der Vizepräses der EKD-Synode, Günther Beckstein, hat mit Bedauern auf den Rücktritt der EKD-Ratsvorsitzenden Margot Käßmann reagiert. "Es ist ihre Entscheidung, die ich respektiere", sagte Beckstein am Mittwoch dem epd. "Von mir aus hätte sie bleiben können", sagte der ehemalige bayerische Ministerpräsident und CSU-Politiker. Nach evangelischem Amtsverständnis sei ein Bischof oder eine Bischöfin auch nur ein fehlbarer Mensch.

Beckstein erinnerte daran, dass Käßmann im Unterschied zu ihrem Vorgänger Wolfgang Huber, der ein disziplinierter Intellektueller gewesen sei, stets eine "tiefe Menschlichkeit" habe durchblicken lassen. "Käßmann hat ergreifende Predigten gehalten", so Beckstein.

Westfälischer Präses traurig
Der Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Alfred Buß, zollt Käßmann für ihren Rücktritt Respekt und Solidarität. "Ihr Rücktritt macht mich aber auch sehr traurig", erklärte Buß am Mittwoch in Bielefeld. Käßmann sei in der Lage gewesen, Menschen unterschiedlicher Milieus der Gesellschaft mit der befreienden Botschaft des Evangeliums zu erreichen. "Ihre Stimme wird künftig an wichtiger Stelle fehlen."

Käßmann habe mit ihrem Rücktritt die Verantwortung übernommen "für eine Grenzüberschreitung, die Menschen an Leib und Leben gefährden konnte", erklärte Buß, leitender Theologe der viertgrößten Landeskirche. "Mit der ihr eigenen Aufrichtigkeit nimmt sie nun die Konsequenzen auf sich." Evangelische Christen wüssten, dass es keine menschliche Unfehlbarkeit gebe: "Wir bleiben alle auf Gottes Vergebung angewiesen." Diese Gewissheit mache frei, eigene Schwächen nicht zu leugnen, sondern ihre Folgen zu tragen "und dann neu anzufangen".
Bundestagsfraktionen bedauern Rücktritt
Auch die kirchenpolitischen Sprecher der Bundestagsfraktionen von Union, SPD, Grünen und Linken haben den Rücktritt Käßmanns bedauert.

Die Evangelische Kirche in Deutschland verliere mit Käßmann eine Bischöfin, die zu Recht über die eigenen Reihen hinaus Respekt und Anerkennung verdient habe, sagte die Kirchenbeauftragte der Union, Maria Flachsbarth. Die Entscheidung Käßmanns verdiene tiefsten Respekt, erklärte Siegmund Ehrmann (SPD).

So rasch und so konsequent aus eigenem Fehlverhalten Konsequenzen zu ziehen, sei moralisch wie menschlich hochanständig, sagte der Grüne Josef Winkler. Käßmann habe durch ihre Arbeit als Landesbischöfin und Ratsvorsitzende viel zur positiven Wahrnehmung der Evangelischen Kirche in Deutschland beigetragen. "Aus meiner Sicht ist es aber auch ein zu harter Schritt nach einem Vergehen, bei dem letztlich niemand zu Schaden gekommen ist", kritisierte Winkler.

Raju Sharma (Linkspartei) sagte, in der wichtigen Frage zum Krieg in Afghanistan habe Käßmann den Mut gehabt, eine "klare und an humanitären Werten orientierte Position" zu beziehen.

Ministerpräsident Beck: Käßmann soll sich auch künftig einmischen
Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) hat die am Mittwoch zurückgetretene Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Margot Käßmann, aufgefordert, sich auch künftig in gesellschaftspolitische Debatten einzumischen. "Sie ist eine Persönlichkeit, die für Positionen gestritten hat und damit unsere Gesellschaft bereichert hat", sagte Beck. Für ihre Entscheidung zurückzutreten, verdiene Käßmann "großen Respekt". "Sie hat in ihrer eigenen Sache genauso konsequent gehandelt, wie man das aus ihrer beruflichen Tätigkeit kennt", sagte der Ministerpräsident und frühere SPD-Bundesvorsitzende.