Polens Regierung will Staatsfonds für Priesterrenten streichen

Aus für Finanzprivilegien der Kirche

Die Sanierung des Staatshaushalts auf Kosten der katholischen Kirche war lange tabu in Polen. Doch nun will Polens rechtsliberaler Ministerpräsident Donald Tusk mit zahlreichen Strukturreformen insgesamt 2,3 Milliarden Euro einsparen. Kernstück ist die Anhebung des Rentenalters auf 67 Jahre. Aber auch die Kirchen sind betroffen. Tusk kündigte die Streichung staatlich finanzierter Priesterrenten an.

Autor/in:
Oliver Hinz
 (DR)

Dabei ist Polens katholische Kirche nach eigenem Verständnis nicht reich, auch wenn ihre Sakralbauten vielerorts bestens restauriert sind. Im Gegenteil: "Sie ist eine der ärmsten in Europa", meint der Chefredakteur der polnischen katholischen Nachrichtenagentur KAI, Marcin Przeciszewski. Genaue Zahlen über ihr Vermögen gibt es allerdings nicht.



Bekannt sind nur die Zahlen des Staatshaushalts. Bislang fließen aus dem Budget jedes Jahr rund 25 Millionen Euro in einen sogenannten Kirchenfonds. Er dient der Finanzierung der Krankenkassen- und Rentenbeiträge von Priesteramtskandidaten, im Ausland wirkenden Missionaren und kontemplativen Ordensschwestern, die ohne eigenes Einkommen sind. 2011 machte der Fonds einen Anteil von 0,03 Prozent am Staatsbudget aus. Auch 2012 wird dieses Niveau beibehalten.



Doch mittelfristig will die Regierung diesen Fonds auflösen. Für eine solche Maßnahme zeigte auch die Kirche Verständnis: Der Vorsitzende der Konkordatskommission der Polnischen Bischofskonferenz, Erzbischof Stanislaw Budzik, nannte das bisherige System "anachronistisch" und erklärte, die Kirche sei offen für eine Reform. Ohnehin entrichtet die große Mehrheit der Priester ihre Sozialversicherungsbeiträge selbst. Offen ist aber, wie die Sozialversicherung für die 17.000 Geistlichen geregelt werden soll, die dies nicht tun.



Drängen auf eine Kompensation

Die katholischen Bischöfe drängen auf eine Kompensation für das Ende des Kirchenfonds. Sie schlugen nach dem Vorbild Ungarn vor, jeder Bürger solle freiwillig ein Prozent seiner Einkommensteuer einer Religionsgemeinschaft eigener Wahl zusprechen können. Doch dafür fehle im Staatshaushalt das Geld, sagte am Dienstag der für Kirchenfragen zuständige neue Minister für Staatsverwaltung, Michal Boni.



Der Kirchenfonds ist ein Relikt des Kommunismus. Er wurde 1950 von der Staatsführung als Entschädigung für die Enteignung von Kirchengütern eingerichtet. Inzwischen erhielt die Kirche einen Großteil ihres früheren Besitzes zurück. Auf zahlreiche ehemalige Gebäude und Grundstücke verzichtete sie jedoch.



Das Freiburger Plädoyer von Papst Benedikt XVI. für eine "Entweltlichung" der Kirche spielt in der Debatte bislang keine Rolle. Die polnische Verfassung verlangt schließlich auch keine Trennung von Staat und Kirche. In ihr ist hingegen von einer Autonomie der Kirche und des Staates die Rede. Folglich wird das Verteidigungsministerium auch weiterhin rund fünf Millionen Euro für die Seelsorge von Priestern ausgeben. Laut Medienberichten kommt auf

689 Soldaten ein Militärpfarrer.