Polens Pilger haben ihre eigene Kommunikations-Plattform

Auf Handy-Wallfahrt

Pilgern steht bei den Polen hoch im Kurs - besonders im August. Aus allen Teilen des Landes sind derzeit Tausende Wallfahrer zu Fuß zur Marien-Ikone der "Schwarzen Madonna" in Czestochowa (Tschenstochau) unterwegs. Von Warschau aus dauert es zehn Tage bis zwei Wochen zu dem südpolnischen Nationalheiligtum. Kontakt halten die Pilger per Handy oder Internet - über eine eigene Kommunikations-Plattform.

Autor/in:
Oliver Hinz
 (DR)

Fast eine halbe Million Polen sind bereits bei der «e-Wallfahrt» registriert, die die Kirchenstiftung «Fels» Anfang Juli startete.
Auf der Internetplattform gibt es eine virtuelle Polen-Karte mit allen Strecken, mit Handy-Fotos und sogar dem Tempo der Pilger. Polen sei auf dem Weg zur Cyber-Kirche, freut sich die junge Generation. Fast keinen stören offenbar auf dem Weg zum Marienwallfahrtsort die Handys. Lediglich die linke Tageszeitung «Trybuna» schrieb abfällig über den Pakt der Kirche mit einem Mobilfunkbetreiber zum Aufbau des Multimedia-Netzwerks.

Der Run auf die moderne Technik überrascht nicht. Gerade die Stadtjugend pilgert gern - und setzt voll auf Handy und Internet.
Bei den Wallfahrten habe sich in Polen eine Revolution vollzogen, sagt der Religionsgeograf Antoni Jackowski von der Universität Krakau. In den 60er und 70er Jahren waren die typischen Pilger alte Menschen vom Land und aus kleinen Städten. «Jetzt nimmt die ganze Jugend teil, Mitglieder und sogar die intellektuelle Elite.»

Polen hat laut Jackowski die meisten Pilger in Europa. Mehr als sechs Millionen Polen, mithin jeder siebte, suche jedes Jahr eine Wallfahrtsstätte auf. «Nur in Lateinamerika gibt es Nationen, die noch aktiver sind», so der Experte. Höhepunkt ist an diesem Freitag das Fest Maria Himmelfahrt. Im vergangenen Jahr kamen an dem christlichen Feiertag rund 100.000 Menschen auf den Klosterberg Jasna Gora in Czestochowa. Pro Jahr sind es bis zu fünf Millionen.

Da braucht es angesichts der Menschenmassen viel Geduld, um in der Gnadenkapelle ein Blick auf die Schwarzen Madonna zu werfen. Die Muttergottes wird seit 1656 in Polen besonders verehrt. Der Grund:
Sie soll der Pilgerstätte nach 40-tägiger Belagerung zum Sieg gegen das schwedische Heer verholfen haben. König Johann II. Kasimir
(1609-1672) stellte darauf in einem Gelöbnis sein Land unter den Schutz Marias und ernannte sie zur Schutzpatronin und Königin des Landes. Jasna Gora wurde für das polnische Volk zum Symbol religiöser und politischer Freiheit.