Polen steuert auf Verbot von Sonntagseinkauf zu

Recht auf freie Sonntage

Die neue polnische Regierung fasst heiße Eisen an: Nun soll das beliebte Einkaufen am Sonntag deutlich eingeschränkt werden. Verstöße sollen mit Geld- oder Haftstrafen geahndet werden. Die katholische Kirche unterstützt den Vorstoß.

Sonntags zum Einkaufsbummel in die Stadt? / © Henning Kaiser (dpa)
Sonntags zum Einkaufsbummel in die Stadt? / © Henning Kaiser ( dpa )

Mit großer Mehrheit nahm das polnische Parlament am Donnerstag einen entsprechenden Gesetzentwurf der Gewerkschaft Solidarnosc in erster Lesung an. Die Gewerkschaft hatte mit Unterstützung der katholischen Kirche mehr als 500.000 Unterschriften für ihre Volksinitiative gesammelt.

Der Gesetzentwurf lässt sonntags grundsätzlich nur die Öffnung von kleinen Lebensmittelläden, Tankstellen, Apotheken und Kiosken zu. Alle übrigen Geschäfte dürfen nach dem Willen der Initiatoren nur an sieben bestimmten Sonntagen - darunter zwei Adventssonntage - öffnen. Das Einkaufen an Heiligabend und Karsamstag soll ab Nachmittag ausgeschlossen werden. Verstöße sollen mit Geldstrafen oder bis zu zwei Jahren Haft geahndet werden können.

Handelsmitarbeiter seien keine "Bürger zweiter Klasse"

Der Gewerkschaftsfunktionär Alfred Bujara hatte im Vorfeld an die Abgeordneten appelliert, die mehr als eine Million Handelsmitarbeiter nicht länger als "Bürger zweiter Klasse" zu behandeln. Sie hätten das Recht auf ein "normales Familienleben" und wollten den Sonntag mit ihren Liebsten verbringen. Doch dies werde den Verkäufern in den Geschäften, oft Mütter und Großmütter, verwehrt.

Der Gesetzentwurf wird nun von den zuständigen Parlamentsausschüssen beraten. Abgeordnete der konservativen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) betonten, Kassiererinnen warteten seit mehr als 20 Jahren auf ein Arbeitsverbot am Sonntag. Politiker der liberalen Oppositionen warnten hingegen vor der Streichung von bis zu 100.000 Arbeitsplätzen in den Geschäften, bei Reinigungsfirmen und Sicherheitsdiensten.

Sonntage gehören den Familien

Die katholische Kirche in Polen hatte sich am Mittwoch erneut hinter die Volksinitiative gestellt. Die Polen sollten "ähnlich wie die Bürger anderer Länder das Recht auf einen freien Sonntag genießen", heißt es in einer Erklärung der Bischöfe zum Abschluss ihrer Vollversammlung in Warschau. Der Sonntag habe einen hohen Wert für die Religion und die Familie. Im Juni hatten die Bischöfe die Gläubigen aufgerufen, die Gesetzesinitiative zu unterschreiben. Sie kritisierten damals eine "Ausbeutung von Arbeitern" an Sonntagen.

In Polen haben sonntags bislang viele Läden geöffnet. Besonders in Einkaufszentren tummeln sich an diesem Tag viele Menschen. Es gibt keinerlei gesetzliche Einschränkungen. Laut einer im September durchgeführten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts CBOS unterstützen 61 Prozent der Polen ein Verbot der Ladenöffnung am Sonntag.

Nur an gesetzlichen Feiertagen müssen Supermärkte und Einkaufszentren bislang geschlossen bleiben. Das setzte 2007 die damals konservative Parlamentsmehrheit gegen die rechtsliberale Opposition durch. Ausgenommen von dem Verkaufsverbot an Feiertagen sind kleine Lebensmittelläden, in denen nur die Besitzer arbeiten.


Quelle:
KNA