Poetische Sommerschmöker für GärtnerInnen

„Ferien vom Ach“

Für Liebhaberinnen und Liebhaber des Gartens zum Sommeranfang drei schöne Schmöker, Buchtipps der domradio Landfunk-Redaktion.

 (DR)

Der Sommer ist da und mit ihm die Zeit sich frei zu nehmen von all dem alltäglichen Seufzen, vom „Ach“ des Alltags, und stattdessen in  schönen  Büchern blättern.

"Ein Garten liegt verschwiegen"

„Ferien vom Ach“, das wollte sich die preisgekrönte Journalistin und Schriftstellerin Mely Kiayak nehmen. Eine Auszeit im Kloster. Und endlich Raum für eine alte Sehnsucht: Gärtnern lernen. Bei den Nonnen der Benediktinerinnen-Abtei Fulda findet sie beides.
Einige Jahrzehnte früher wären die Schwestern froh gewesen, sie hätten selbst jemanden gehabt, den sie hätten fragen können. Oft erzählen sie Kiayak davon. Oder auch nicht:

„Schwester Agatha kann in einer umwerfenden Mischung aus Scham und Schalk lächeln, wenn man sie bittet, sich zu erinnern. Die Scham rührt daher, dass ihr der Blick zurück nicht mehr lückenlos gelingt. (…) Der Schalk gesellt sich in dem Moment dazu, in dem ihr dann doch eine Anekdote aus der alten Zeit einfällt, sie sich aber entscheidet, die paar Erinnerungen, die sie noch hat, für sich zu behalten.“

Agatha war 60 Jahre Chefgärtnerin gewesen. Für Mitschwester Laurentia war es undenkbar, auch nur einen Regenwurm anzufassen. Doch als Bücherwurm mit Englischkenntnissen entdeckte sie 1950 den Schlüssel zur erfolgreichen Selbstversorgung: „The Common Sense of Compost Making“.
Als begnadete Frau des Wortes sorgte Laurentia dafür, dass ihr neu erworbenes Wissen und der erste professionell hergestellte Kompostbeschleuniger Deutschlands unter die Leute kamen. Rechnungen gab es in Reimform:

„Zwei Humofix für den Kompost.
Mit Porto es 3,20 kost´.
Sie haben 30 Pfennig gut,
weshalb es schon 2,90 tut,
wir legen Winke 1 dabei
es gibt schon Nummer 2 und 3
schon mancher liest sie mit Genuss.
Dies zur Notiz!
Mit frohem Gruß“

Unser erster Buchtipp  „Ein Garten liegt verschwiegen... Von Nonnen und Beeten, Natur und Klausur“ ist ein schmales Bändchen voll Mutterwitz und Gottvertrauen, erschienen bei Hoffmann und Campe (12,-€)

"Das Geräusch der Schnecke beim Essen"

„Ferien vom Ach“, das wünscht sich auch die Amerikanerin Elisabeth Tova Bailey. Auf einer Gartenreise in Europa infiziert sich die Journalistin mit Borreliose. Lange fehlt die richtige Therapie. Ihr Körper kämpft alleine und braucht dafür alle Kraft. Sie muss ihr buntes Bauernhaus, den heißgeliebten Garten und ihren Hund, mit dem sie so gern durch den angrenzenden Wald gewandert ist, aufgeben. Mühsam findet sie sich damit ab, dass Welt für sie an den weißen Wänden ihres Krankenzimmers endet. Es geht ums Überleben - auch seelisch.

Bis zu dem Tag, an dem eine Freundin beschließt, ihr einen Gruß aus dem Wald mitzubringen: Eine kleine braune Schnecke, für die sie ein Waldveilchen als Unterkunft ausgräbt und beides in einen kleinen Topf steckt:

„Ich hab eine Schnecke im Wald gefunden.. Sie sitzt unter den Veilchenblättern.“

„Wirklich? Warum hast du sie denn mitgebracht?“

„Ich weiß nicht. Ich dachte, du hast vielleicht Freude daran.“

Und dann stellt die Autorin die Frage, die genauso ihr eigenes Leben betrifft:

„Lebt sie noch?“

Und während sie zunächst die Schnecke nur beobachtet, dann füttert und sich allmählich immer konkreter mit dieser Lebensform auseinandersetzt, entwickelt sie eine Verbundenheit. Mit dem Tier. Mit sich selbst. Und am Ende auch wieder mit dem Leben an sich.

Unser zweiter Buchtipp „Das Geräusch der Schnecke beim Essen“ von Elisabeth Tova Bailey ist eine poetische Liebeserklärung an das Leben. So schön, dass der Piper Verlag mit dem Drucken gar nicht mehr nachkommt. (8,99 € / 1. Auflage Februar 2014, 5. Auflage 2014)

"Ferien vom Ach"

„Ferien vom Ach“ – so heißt auch tatsächlich ein Gartenbuch, ein Klassiker von Karl Förster von 1961, eine Auswahl seiner Weisheiten und Erinnerungen. Der große Gärtner und Staudenzüchter wurde im Garten der Berliner Sternwarte groß, die sein Vater Jahrzehnte lang leitete. Jedes Kind hatte sein eigenes Stück Garten, und die Mutter packte in die Erziehung ein großes Stück Gelassenheit und Heiterkeit.

„Oft ist mir, als ob diese geheimnisvolle und taufrische Heiterkeit unserer Mutter die am schönsten ausstrahlte, wenn sie mit uns im Garten war oder auf Reisen, Wanderungen, Schiffsfahrten mit uns lebte, lachte, staunte – der stärkste Nährboden der Glücksgesinnung gewesen sei, von der ich mich getragen fühlte.“

In der unterschiedlichen Art, wie die Kinder ihre Gärtchen gestalteten, sahen die Eltern schon den späteren Lebensweg der Kinder vorgezeichnet. Und Karl Förster wurde Gärtner und Autor kluger Gartenbücher. Über den Mittsommer schreibt er:

„Der Juni ist der Riesenmonat tiefer Himmelsbläue und marmorweißer Turmgewölke über leuchtendgrünem Laub. Er hat das Licht an sich gerafft und schenkt uns so viele Lebensstunden, dass wir sie kaum durchwachen können.“

Ferien vom Ach – Lebensbetrachtungen eines weisen Gärtners“ von Karl Förster, unser dritter Buchtipp (14,90€), erschienen im Verlag Ulmer, der weitere Bücher von Förster im Programm hat.