Piusbrüder müssen "Lehrmäßige Erklärung" unterschreiben

Rückkehr möglich, wenn ...

Der Vatikan hat den traditionalistischen Piusbrüdern Bedingungen für eine Aussöhnung gestellt und zugleich eine Debatte über die theologische Auslegung einzelner Formulierungen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) für zulässig erklärt.

Autor/in:
Johannes Schidelko
 (DR)

Am Mittwoch überreichte der Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal William Levada, dem Oberen der seit 1988 abgespaltenen Bruderschaft, Bernard Fellay, eine "Lehrmäßige Erklärung" über zentrale katholische Glaubenssätze. Wenn die Piusbrüder diese Kernaussagen akzeptierten, könne man Gespräche über eine Eingliederung aufnehmen, hieß es in Rom.



Zum Abschluss einer eineinhalbjährigen theologischen Dialogrunde verlangt der Vatikan die Zustimmung zu einer Erklärung über "einige Lehrprinzipien und Interpretationskriterien der katholischen Lehre, die notwendig sind, um die Treue zum Lehramt der Kirche und das "sentire cum ecclesia" (Fühlen mit der Kirche) zu garantieren", wie es in dem zum Abschluss verbreiteten Vatikan-Kommunique heißt.



Zugleich lädt das Papier ein zu einer "legitimen Diskussion über die Überprüfung und die theologische Deutung einzelner Ausdrücke und Formulierungen, die sich in den Dokumenten des Zweiten Vatikanischen Konzils und des nachfolgenden Lehramtes finden". Ausdrücklich unterstreicht das Kommunique die vom Papst seit Dezember 2005 geforderte Auslegung des Konzils in einem Geist der Kontinuität mit der kirchlichen Tradition.



Mehrmonatige "Bedenkzeit"

Bis wann sich die Piusbrüder entscheiden sollen, ist nicht vermerkt. Im Vatikan spricht man von einer mehrmonatigen "Bedenkzeit", nicht aber von einem "Ultimatum". Auf jeden Fall liege der Ball jetzt im Feld der Bruderschaft. Erst nach einer klaren und positiven Antwort werde man Gespräche über Strukturfragen führen: ob etwa die Ex-Lefebvrianer dann eine kirchliche Heimat in einem Personalordinariat, einer Personalprälatur oder einer Gesellschaft Apostolischen Lebens finden könnten.



Was die rund zwei Seiten lange "Präambel" zu den Lehrfragen exakt beinhaltet, wurde im Vatikan zunächst nicht mitgeteilt. Bereits vor 23 Jahren gab es schon einmal eine lehramtliche Erklärung: Am 5. Mai 1988 unterzeichneten Kurienkardinal Joseph Ratzinger und Erzbischof Marcel Lefebvre das Protokoll einer Einigung - das Lefebvre jedoch kurz darauf widerrief. Damals versprach er, der katholischen Kirche und dem Bischof von Rom und seinem Primat als Oberhaupt der Gesamtheit der Bischöfe "immer treu zu sein". Er erklärte seine Zustimmung zur Konzilserklärung "über das kirchliche Lehramt und die ihm geschuldete Zustimmung".



Im Dezember 2008 hatte Ratzinger, nunmehr Papst Benedikt XVI., die Rücknahme der Exkommunikation von vier durch Lefebvre geweihte Bischöfe mit der Vorgabe verbunden, offene Lehrfragen zu klären und den bestehenden Bruch zu überwinden. Nach dem Eklat um den Holocaustleugner Richard Williamson, der unter den Vieren war, fanden von Oktober 2009 bis April 2011 in Rom acht Treffen von Experten beider Seiten statt. Von den Bischöfen der Bruderschaft nahm daran nur der Spanier Alfonso de Gallareta teil. Williamson wurde nach seinen Holocaust-Äußerungen vom Oberen Fellay aller Funktionen enthoben und lebt seither zurückgezogen in England.



Über den Verlauf der Dialogrunde in Rom waren zunächst unterschiedliche Signale nach außen gedrungen, die tendenziell auf ein bevorstehendes Scheitern der Einigungsoffensive schließen ließen. Nach der vatikanischen Präzisierung müssen sich Fellay und seine Anhänger nun festlegen, ob sie wirklich die Aussöhnung mit Rom wollen - und was sie ihren Anhängern zuzumuten bereit sind. Bemerkenswert ist, dass die Glaubenskongregation ihnen eine "legitime Debatte" über die Auslegung einzelner Konzilsformulierungen und späterer Aussagen des kirchlichen Lehramtes zubilligt.