Pilger-Expertin stellt Martinusweg vor

Eine Alternative zum Jakobsweg

Der Martinusweg führt von Ungarn über verschiedene Routen nach Frankreich. Wie man auf dieser Strecke dem heiligen Martin näher kommt und warum er eine tolle Alternative zum Jakobsweg darstellt, verrät Pilger-Expertin Beate Steger.

Der Wormser Dom liegt auf dem Martinusweg  / © Harald Oppitz (KNA)
Der Wormser Dom liegt auf dem Martinusweg / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Wo liegt denn der Martinusweg überhaupt?

Beate Steger (Autorin und Pilger-Expertin): Der Martinusweg ist viele, viele Kilometer lang. Die "Via Sancti Martini" zählt insgesamt um die 5000 Kilometer mit vielen regionalen Abstechern. Dabei es geht es um die Orte, die der heilige Martin bereist hat. Er war ein unermüdlicher Reisender durch Europa und hat dort auch viele Spuren hinterlassen.

Die Hauptroute, die als "Kulturroute" ausgezeichnet wurde, verläuft von seinem Geburtsort in Ungarn, Szombathely, durch Österreich, Deutschland, Luxemburg und Frankreich und endet dann in Tours. Dort war er Bischof und da ist der Heilige auch begraben.

DOMRADIO.DE: Gibt es da auch ein Symbol zur Wegemarkierung, ähnlich wie jetzt beim Jakobsweg die Muschel?

Martinusweg / © UllrichG (shutterstock)

Steger: Ja, ein gelbes Schwert, das nach unten zeigt, auf rotem Hintergrund. Die rote Farbe steht für den Mantel, den er geteilt hat.

In manchen Kirchen auf dem Weg ist diese Mantelteilung sehr schön dargestellt, etwa in den Martinskirchen. Davon gibt es recht viele auf dem Martinusweg.

DOMRADIO.DE: Wie lang und schwierig sind die Strecken? Wo könnte man gut beginnen?

Steger: Überall in Deutschland gibt es Teile der Hauptroute, die von Ost nach West verläuft. Die Strecken sind sehr unterschiedlich, sowohl von den Höhenmetern als auch von der Länge. Mal sind es nur 15 Kilometer, die man gehen kann, mal 40 Kilometer, gerade so im schwäbischen Raum, wo es vielleicht zwischendurch nicht so viel gibt. Aber mit Bussen oder Zügen kann man im Zweifel Strecken gut abkürzen.

DOMRADIO.DE: Gibt es an der Strecke genug Herbergen?

Steger: Es gib eine Initiative von der Diözese Rottenburg Stuttgart, die von Bischof Gebhard Fürst ausgegangen ist, die sich dafür stark gemacht hat, dass es auch günstige Unterkünfte gibt.

Ich finde, es ist mittlerweile schwierig geworden mit den Unterkünften bei uns, aber auch in anderen europäischen Ländern, weil viele Herbergen seit der Corona-Pandemie geschlossen haben. Es ist durchaus möglich, echte Pilgerherbergen zu finden, allerdings leider nicht so viele, wie man das als Pilger oft gerne hätte.

DOMRADIO.DE: Es gab gerade viele Martinszüge. Könnte man da nicht auch eine kleine Laternen-Wanderung machen? Oder hat es das an St. Martin vielleicht auch schon gegeben?

Das Stichwort: Martinstag

Der Martinstag erinnert an den im November 397 gestorbenen Bischof Martin von Tours, der Kranke geheilt haben soll und als Wohltäter gilt. Normalerweise finden am Martinstag traditionell Martinsumzüge statt. Bei den Laternen-Umzügen werden Lieder wie "Martin ist ein guter Mann, zündet ihm die Lichter an" oder der Klassiker "Laterne, Laterne, Sonne, Mond und Sterne" gesungen. Allerdings entfallen öffentliche Umzüge in diesem Jahr wegen der verschärften Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie.

St. Martinszug / © Oliver Berg (dpa)
St. Martinszug / © Oliver Berg ( dpa )

Steger: Ich wüsste nichts davon. Es gibt verschiedene Aktionen, die Ehrenamtliche organisieren, zum Beispiel die Aktion "Für wen gehst du?". Da kann man den Verantwortlichen Bilder schicken und Geschichten erzählen, für wen man gerade geht. Oft genannt wird etwa "für die Menschen in der Ukraine" oder jetzt für die im Nahen Osten.

Da gibt es zahlreiche Möglichkeiten. Aber mit Laternen habe ich noch keinen angetroffen. Das wäre durchaus mal eine Idee.

DOMRADIO.DE: Für wen ist dieser Weg denn geeignet?

Steger: Für alle, die vielleicht immer nur vom Jakobsweg gehört haben. Da sind ja viele Leute unterwegs. Wenn man nicht im Pulk laufen will, ist der Martinusweg eine schöne Alternative. Wenn man jetzt die Via Sancti Martini also weit gefasst nutzt, kommt man ja auch durch verschiedene europäische Länder.

Beim Pilgern erlebt man die Dinge noch mal viel bewusster. Alleine 14 Kathedralen sind zum Beispiel dem Heiligen Martin gewidmet und ganz viele Sehenswürdigkeiten, wo er in besonderen Stätten auch war und Spuren hinterlassen hat.

Das alles kann man dann sich da aneignen oder da vorbeilaufen und das ist ja was, wo eben nicht ein riesen Pulk ist, wo es nicht überlaufen ist, wo nicht 500.000 Pilger im Jahr in Tours ankommen, wie das in Santiago der Fall ist. Also wenn man ein bisschen Ruhe sucht, ist man da genau richtig.

Beate Steger

"Wenn man nicht im Pulk laufen will, ist der Martinusweg eine schöne Alternative."

DOMRADIO.DE: Da ist man auch nicht ganz so lange unterwegs wie von Deutschland nach Spanien.

Steger: Ja, genau.

DOMRADIO.DE: Ein Stückchen davon sind Sie schon gelaufen. Wie hat es Ihnen da gefallen?

Steger: Sehr gut. Ich war in den Weinbergen im Heilbronner Land unterwegs, das ist quasi fast vor meiner Haustür. Ich komme aus der Nähe von Heidelberg. In Schweigern kam ich an einer wunderschönen Martinskirche vorbei mit sehr hübschen Fenstern, die das Leben Martins in verschiedenen Facetten abbildeten.

Es ist ein toller Weg. Manchmal ist er auch parallel zum Jakobsweg. Pilgern ist draußen sein, in der Natur sein und schöne Sachen entdecken. Alleine das ist es, was zählt.

Das Interview führte Dagmar Peters.

Heiliger Martin / © Alexander Brüggemann (KNA)
Heiliger Martin / © Alexander Brüggemann ( KNA )

 

Quelle:
DR