Pfarrer verbrennt sich aus "Sorge vor Islam" - Augenzeuge im domradio-Interview über "Schock"

Erschütterung nach Selbstmord

Ein Erfurter evangelischer Pfarrer, der sich mit Benzin übergossen und angezündet hatte, ist am Mittwoch an den Folgen seiner schweren Verletzungen gestorben. Als Grund für die Verzweiflungstat hat der 73-jährige Roland Weisselberg im Abschiedsbrief seine "Sorge um die Ausbreitung des Islam in Deutschland" genannt.

 (DR)

Ein Erfurter evangelischer Pfarrer, der sich mit Benzin übergossen und angezündet hatte, ist am Mittwoch an den Folgen seiner schweren Verletzungen gestorben. Als Grund für die Verzweiflungstat hat der 73-jährige Roland Weisselberg im Abschiedsbrief seine "Sorge um die Ausbreitung des Islam in Deutschland" genannt. - Kloster-Kurator Lothar Schmelz war vor Ort, im domradio-Interview sagte er, alle Beteiligten stünden noch immer unter "Schock". - Der Thüringer Landesbischof Christoph Kähler hat inzwischen zu Besonnenheit gemahnt.

Bischof mahnt nach Fall von Selbstverbrennung zur Besonnenheit
"Ein Rückschluss von der Tat eines Einzelnen auf größere Zusammenhänge ist nicht zu verantworten", betonte Kähler am Donnerstag in Eisenach. In Thüringen gebe es bislang nur wenige Erfahrungen im Umgang mit Muslimen, negative Geschehnisse seien ihm nicht bekannt. Das von dem Pfarrer angegebene Motiv für dessen Selbsttötung erscheine daher unverständlich.

Weiter betonte Kähler: „Jeder Selbstmord ist ein schreckliches Scheitern, nicht nur für den, der sich das Leben nimmt, sondern auch für seine Umgebung. Darum gelten unser Mitgefühl und unsere Gebete Roland Weißelberg und seiner Familie."

Erinnerung an Selbstverbrennung vor 30 Jahren in der DDR
Weisselberg starb in einer Spezialklinik in Halle. Er hatte sich am Vortag während eines Gottesdienstes in der Erfurter Augustinerkirche auf dem Gelände des Klosters selbst verbrennen wollen. Die Tat am Reformationstag erinnert an die Selbstverbrennung des Pfarrers Oskar Brüsewitz vor 30 Jahren in der DDR.

Der Magdeburger Bischof Axel Noack zeigte sich von der Todesnachricht tief schockiert. Die Tat sei eine Anfrage an die gesamte Kirche und ihre Offenheit für die Sorgen und Nöte von Menschen in Bedrängnis.

Der von dem Theologen genannte Grund für seine Tat mache die Situation "nicht deutlicher, sondern zusätzlich kompliziert", so Noack. Gleichzeitig räumte der Bischof Versäumnisse der Kirchen im Umgang mit anderen Religionen und Kulturen ein. Besonders im Osten sei "der praktische Alltag des Miteinanders nicht gegeben".

Islam als "Thema der Zukunft"
Im Gespräch mit dem Islam "sind wir häufig unter uns", fügte der Bischof hinzu. Pröpstin Begrich berichtete, Weisselberg habe bereits in den vergangenen Jahren wiederholt von den Kirchen eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Islam als "Thema der Zukunft" angemahnt. Der seit 1989 pensionierte Theologe war Pfarrer im Erfurter Stadtteil Windischholzhausen, der wie die Landeshauptstadt aus historischen Gründen zur Kirchenprovinz Sachsen mit Sitz in Magdeburg gehört.

Bei der Selbstverbrennung am Dienstag waren Mitarbeiter der evangelischen Tagungs- und Begegnungsstätte sowie Schwestern der "Communität Casteller Ring" dem Schwerstverletzten zu Hilfe kommen und hatten das Feuer erstickt. Nach ärztlicher Notversorgung in Erfurt war Weisselberg zur Spezialbehandlung nach Halle geflogen worden.