Pfarrer und Presbyter in NRW kandidieren für AfD

Befremden und Umwohlsein

AfD und Kirche - beide schließen sich für amtliche Vertreter der Kirche aus. Ein Pfarrer und ein Presbyter in der Evangelischen Kirche im Rheinland sehen das offenbar anders - und sorgen in den eigenen Reihen für Unruhe.

AfD-Parteitag in NRW im Juli / © Bernd Thissen (dpa)
AfD-Parteitag in NRW im Juli / © Bernd Thissen ( dpa )

Die Kandidatur eines pensionierten Pfarrers und eines amtierenden Presbyters für die AfD bei der kommenden nordrhein-westfälischen Landtagswahl sorgen in der evangelischen Kirche für Befremden und Unwohlsein. Bisher sei es außerhalb seiner Vorstellungskraft gewesen, dass engagierte Christen für diese rechtspopulistische Partei kandidieren könnten, sagt der rheinische Präses Manfred Rekowski. Diese Kandidaturen hätten ihn "kolossal überrascht".

In Wuppertal tritt der evangelische Presbyter Hartmut Beucker bei der NRW-Landtagswahl am 14. Mai 2017 als AfD-Direktkandidat an. Der 54-jährige Fachanwalt für Steuer- und Gesellschaftsrecht gehört erst seit dem Sommer zur Partei. Die jüngste Flüchtlingswelle und die chaotischen Bilder an den Grenzübergängen hätten bei ihm "das Fass zum Überlaufen" gebracht. Zuvor habe er schon mit der Anti-Euro-Politik der AfD sympathisiert. Einen Widerspruch zum Christentum oder zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung könne er in der Programmatik seiner Partei nicht erkennen, sagt Beucker. "Die AfD ist weder verboten, noch wird sie vom Verfassungsschutz auch nur beobachtet."

Prüfung der Eignung für das Presbyteramt

Dagegen sieht die Wuppertaler Superintendentin Ilka Federschmidt in Beuckers Kandidatur "einen schwerwiegenden Konflikt mit unserem Glauben und unserer Kirche". Anfang Dezember will die Superintendentin jetzt im Gespräch mit dem AfD-Politiker und seiner evangelischen Kirchengemeinde in Wuppertal ausloten, "ob und was für Unvereinbarkeiten es gibt". Konkret überprüft die Kirchenleitung, ob Beucker mit seinem Engagement für die Rechtspopulisten "die Eignung für das Presbyteramt" verloren hat. In dem Falle könnte er von einem Kirchengericht abberufen werden.

Beucker ist darüber entrüstet. Er spricht von "Gesinnungsprüfung" und "Kirchenzuchtverfahren". Dann stimmt er versöhnliche Töne an. Falls ihm von der Kirchenleitung und seiner Gemeinde plausibel nachgewiesen werde, dass die AfD gegen den Geist des Evangeliums verstoße und verfassungsfeindlich sei, könne er sich vorstellen, die Kandidatur aufzugeben und auch die Partei zu verlassen. "Wenn ich aber nicht widerlegt werde, dann widerrufe ich auch nicht." Das klingt nach dem Reformator Martin Luther.

Bähren: "Ich bin weiß Gott kein Radikaler"

In Nettetal wundert sich der pensionierte Pfarrer Axel Bähren über die Aufregung um seine Kandidatur für die AfD. Der langjährige Gefängnispfarrer wurde auf Platz 20 der Landesliste nominiert und würde in den Düsseldorfer Landtag einziehen, wenn die Rechtspartei bei der Landtagswahl etwa neun Prozent erzielt. "Ich bin weiß Gott kein Radikaler", versichert der 65-Jährige. Auf dem jüngsten AfD-Landesparteitag in Soest löste er bei den Delegierten vor allem mit seinen Attacken gegen die flüchtlingsfreundliche Amtskirche Beifallstürme aus. "Es kann nicht sein, dass Wohlstandstheologen Politik betreiben, statt das Evangelium zu verkünden", rief Bähren aus. Mit den "sogenannten Schutzsuchenden begrüßen wir das tiefste Mittelalter" in Deutschland. Der Koran sei alles andere als friedliebend und barmherzig. "Der Rassismus ist im Islam zu Hause."

Nach dieser Rede hatte die Kirchenleitung Bähren kurzerhand einbestellt. Auch Pfarrer im Ruhestand unterliegen nach wie vor dem Dienstrecht der Kirche und stehen zu ihr in einem Treueverhältnis. Gleichzeitig verweist die evangelische Kirche darauf, dass sich Pfarrerinnen und Pfarrer durchaus für eine demokratische Partei engagieren und sich um ein parlamentarisches Mandat bewerben könnten.

Kein genereller Unvereinbarkeitsbeschluss

Gleiches gelte für Presbyter. In den Fällen der beiden AfD-Kandidaten Beucker und Bähren will die Kirchenleitung jetzt nach eigenen Angaben überprüfen, ob deren "Agieren und Reden" im Widerspruch zu ihren Pflichten und der Verkündung des Evangeliums steht.

Präses Rekowski lehnt einen generellen Unvereinbarkeitsbeschluss seiner Kirche mit der AfD ab. In jedem Einzelfall müsse geklärt werden, ob das politische Engagement "im Widerspruch zum Evangelium" stehe. Sei dies der Fall, müsse die Kirche als Dienstherrin "entsprechend aufsichts- oder dienstrechtlich tätig" werden.

 

 


Quelle:
KNA